Wie bestimme ich geeignete Strategien und Maßnahmen zum Kulturwandel?

In der Unternehmenskultur ist eine gewisse Flexibilität notwendig, um aktuellen Entwicklungen gerecht zu werden. © Pixabay

Die Ableitung und Festlegung von Strategien und Maßnahmen zum Kulturwandel sollte nicht bloß einem intuitiven Prozess folgen. Natürlich erkennt man sehr schnell, woran es mangelt und identifiziert mögliche Maßnahmen, um die Kultur zielorientiert zu gestalten. Aber auch dieser Prozess sollte methodisch unterstützt werden – und dazu haben wir in den letzten Teilen die Grundlagen gelegt, die wir nun weiterführen.

Professor Josef Herget, Director Excellence Institute – Research & Solutions, hat zu dem Thema zahlreiche Bücher veröffentlicht. Lesen Sie im vierten Teil seiner 7-teiligen Artikelserie, warum sich jeder Manager mit der Unternehmenskultur beschäftigen muss.

Nachdem wir im 3. Teil betrachtet haben, wie man die unternehmensindividuell relevanten Kulturfaktoren identifiziert und ihren aktuellen Ausprägungsgrad feststellen kann, haben wir uns darüber hinaus auch mit der Frage beschäftigt, welche Bedeutung diesen Faktoren zukünftig zugemessen wird. Damit haben wir bereits sehr viele Zutaten, um logisch ableitbare Strategien und Maßnahmen zu bestimmen. Deutlich wurde im letzten Teil ebenso, dass wir systematisch vorgehen können – und sollten! Der Weg zur Gestaltung der Unternehmenskultur wird folglich breit unterstützt und auch von den Mitarbeitern durch deren Einbindung mitgetragen.

Zum einen zeigt uns die Diskrepanz zwischen der Wichtigkeit und der aktuellen Performanz einen unmittelbaren Handlungsbedarf auf. Je größer das Delta, umso größer der Bedarf nach Maßnahmen zur Korrektur. Zum anderen zeigt auch der Vergleich von Ist zu Ziel, also die empfundene Relevanz von Kulturfaktoren in der nahen Zukunft auch einen Pfad auf, dem erhöhte Konzentration zukommen sollte. Kulturfaktoren sind in der Regel durchaus über eine längere Zeitspanne gültig, dennoch kann es sein, dass natürlich eine gewisse Flexibilität notwendig ist, um aktuellen Entwicklungen gerecht zu werden. Nichts ist in Marmor fix eingemeißelt, diese Offenheit muss im gesamten Prozess gewährleistet sein.

Der Vergleich der unterschiedlichen Ausprägungen zeigt nun die möglichen Strategien auf. Wenn Kulturfaktoren wichtig (oder weniger wichtig) sind und im Unternehmensalltag gut gelebt werden, sind keine besonderen Aktivitäten und Maßnahmen notwendig. Wenn aber eine hohe Diskrepanz vorliegt, ist es ein klares Signal hier Überlegungen zur Verbesserung der Situation anzustellen.

Diese Methode des Kultur-Audits zeigt also auf, wo Defizite bestehen und wo ein Handlungsbedarf besteht. Diese Analyse lässt sich wie in der folgenden Tabelle beispielhaft dargestellt verdeutlichen.

Kultur-FaktorLeistung (Ist)Wichtigkeit (Soll)Delta (Differenz)
Ausgeprägte Kundennähe und -orientierung7,88,50,7
Partnerschaftliche Entwicklungen mit unseren Kunden8,19,00,9
Vertrauensbeziehungen zu Kunden und Partnern5,87,61,8
Gelebte Kooperation mit unseren Partnern6,57,30,8
Innovationsstärke4,88,13,3
Interne Kollaboration leben4,29,04,8
Hohes Vertrauen im Unternehmen7,18,51,4
Hohe Beteiligung von Mitarbeitern an der Unternehmensentwicklung6,17,71,6
Empowerment der Mitarbeiter7,09,52,5
Fachliche und persönliche Entwicklung der Mitarbeiter6,87,81,0
Beispielhafte Auswertung eines Unternehmenskultur-Audits (Herget 2020)

Eine andere Möglichkeit besteht darin, die erzielten Ergebnisse auf einem Reifegrad-Modell abzubilden. Durch diese zusätzliche Visualisierung und den impliziten Vergleich von unterschiedlichen Entwicklungsstufen wird ebenso der Raum für Optimierungen ersichtlich. Dazu müssen die Ergebnisse des Audits (Ist) auf die Stufen des gewählten Reifegrades übertragen werden. Ein Beispiel hierzu findet sich in der nächsten Abbildung.

Beispielhafte Unternehmenskultur im Reifegrad (Herget 2020)

Keinesfalls sollte die Wichtigkeit dieses gemeinsamen Bewertungsprozesses für den Diskurs zum Thema Unternehmenskultur unterschätzt werden. Für die meisten Unternehmen wird es überhaupt die erste systematische Auseinandersetzung mit dem Thema Unternehmenskultur sein. Der oftmals als schwammig wahrgenommene Begriff wird für alle Teilnehmenden mit konkretem Leben aus der alltäglichen Praxis gefüllt und sogar in der gegenwärtigen Ausprägung und eingeschätzten Wichtigkeit bewertet. Die Diskussion, nach Möglichkeit auch abteilungs- und fachbereichsübergreifend wird ebenso einen wichtigen Beitrag zur Identifizierung der Mitarbeiter mit dem Unternehmen und dessen Identität bieten. 

Welche konkreten Strategien und Maßnahmen nun definiert werden, das muss individuell erfolgen. Dies ist aber relativ einfach, liegt doch das Wissen darüber nunmehr in den Unternehmen durch die erfolgten Analysen vor. 

Nimmt man etwa das Reifegrad-Modell als Grundlage der Strategieentwicklung, können folgende Strategien und Maßnahmen identifiziert werden:

Beispielhafte Strategieentwicklung (Herget 2020)

Die Entwicklung der strategischen Optionen und die Ableitung von Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Unternehmenskultur mit dem Ziel einer Stärkung der Wettbewerbsposition stellen einen Kernprozess der Kulturarbeit dar. Mit diesem Prozess wird ein ständiger Beitrag zur kontinuierlichen Optimierung der Unternehmenskultur gewährleistet. Mit diesen Instrumenten wird die Unternehmenskultur aktiv gemanagt, die mehr oder weniger zufällige Entwicklung der Unternehmenskultur gehört der Vergangenheit an. 

Es gibt natürlich Instrumente und Maßnahmen, die rasch eingeführt und zu schnellen Ergebnissen führen können, andere hingegen entfalten ihr Potential erst langsamer. Hier eine Balance zu finden, die vor allem die Nachhaltigkeit der Kulturentwicklung im Blick behält, ist elementar für den Erfolg dieser Kulturentwicklung.

Eine beispielhafte Darstellung einiger möglicher Maßnahmen findet sich in der folgenden Abbildung, die bei den unterschiedlichen Dimensionen der Unternehmenskultur ansetzen, die bereits im ersten Teil dieser Reihe thematisiert wurden.

Einordnung von Methoden in den Prozess des Kulturwandels (Herget 2020)

Die Strategien und Maßnahmen gilt es nun in eine Roadmap zu überführen. Diese stellt die zu ergreifenden Maßnahmen und Interventionen als konkrete Aktivitäten auf einen Zeitstrahl. Damit wird die Grundlage für ein weitergehendes Projektmanagement gelegt. Wie eine solche Roadmap exemplarisch aussehen kann und wie die Implementierung am besten aufgegleist wird, das wird im nächsten Teil dieser Reise zur optimierten Unternehmenskultur vorgestellt und diskutiert.

Unsere heutigen Reflexionsfragen lauten:

  1. Visualisieren Sie die Ergebnisse ihrer Bewertung. Welche Konsequenzen ziehen Sie daraus?
  2. Nutzen Sie die Ergebnisse als eine Grundlage für ein Brainstorming: durch welche Strategien oder konkrete Maßnahmen könnten sie die einzelnen Kulturfaktoren optimieren?
  3. Priorisieren Sie die Maßnahmen, berücksichtigen Sie dabei auch die Ressourcenfrage, manche Maßnahmen benötigen einen langen Vorlauf oder Investitionen, zum Beispiel in Schulung, andere hingegen lassen sich zügig umsetzen. Was können Sie sofort umsetzen?
  4. Greifen Sie auf Erfahrungen in Ihrem Unternehmen zurück! Sicherlich haben einige Abteilungen bereits neue Methoden eingeführt, profitieren Sie von deren Lektionen.

Sie haben konkrete Fragen zur Unternehmenskultur? Sie möchten Ihre Erfahrungen mit Kulturgestaltungsmaßnahmen teilen? Sie haben etwas beizutragen und würden sich gerne von uns interviewen lassen? Willkommen! Sprechen Sie mich an, meine Kontaktdaten finden Sie im Autorenprofil. Ich freue mich auf Sie! Sie erreichen mich unter josef.herget@excellence-institute.at

Dieser Beitrag ist der vierte Teil unserer 7-teiligen Reihe über Unternehmenskultur und wie wichtig diese für moderne Unternehmen ist. 

Teil 1: Unternehmenskultur wirkt – immer.
Teil 2: Wie komme ich eigentlich zur „richtigen“ Unternehmenskultur?
Teil 3:Wie messe ich die vorherrschende Unternehmenskultur, wie bestimme ich die
Potentiale der zukünftigen Kulturfaktoren?
Teil 4:Wie bestimme ich geeignete Strategien und Maßnahmen zum Kulturwandel?
Teil 5:Wie führe ich Maßnahmen der Kulturveränderung zum Erfolg?
Teil 6:Zur Einordnung aller Strategien und Maßnahmen:
Das Unternehmenskultur-Architektur-Modell als Blaupause
Teil 7:Ressourcen, Audits und Tools zum Thema Unternehmenskultur

Prof. Dr. Josef Herget verbindet langjährige Erfahrung in der Wissenschaft mit internationaler Beratungstätigkeit. Er hat an verschiedenen Universitäten in Europa gelehrt und geforscht, Unternehmen gegründet und geleitet sowie zahlreiche Beratungsagenden in Wirtschaft und Politik wahrgenommen. Im Laufe seiner Karriere hat er mehr als 300 Publikationen verfasst und Vorträge in über 30 Ländern gehalten.
Weitere Informationen: www.josef-herget.comwww.excellence-institute.at

Literaturtipps:

Herget, J.: Unternehmenskultur gestalten. Systematisch zum nachhaltigen Unternehmenserfolg. Springer Gabler 2020

Herget, J.: Shaping Corporate Culture: For Sustainable Business Success. Springer 2023

Herget, J./Strobl, H. (Hg.): Unternehmenskultur in der Praxis. Grundlagen – Methoden – Best Practices, Springer Gabler 2018

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