Das Unternehmenskultur-Architektur-Modell als Blaupause

Der Anspruch ist, Unternehmenskultur ganzheitlich zu denken. © Pixabay

Unternehmenskultur ganzheitlich zu denken ist der Anspruch des hier vorgestellten Konzeptes. Zugegeben: in dieser komprimierten Darlegung können nicht alle Ausdifferenzierungen Platz finden, dennoch bleibt es wichtig, die einzelnen beschriebenen Konzepte in einen Gesamtzusammenhang zu stellen – in ein sogenanntes Framework. Das findet nun hier statt, die einzelnen Elemente werden zusammengefügt und erlauben einen Blick auf die jeweiligen Elemente und ihre Wechselwirkungen – eine notwendige Voraussetzung, um das Thema im Zusammenhang angehen zu können. 

Professor Josef Herget, Director Excellence Institute – Research & Solutions, hat zu dem Thema zahlreiche Bücher veröffentlicht. Lesen Sie im sechsten Teil seiner 7-teiligen Artikelserie, warum sich jeder Manager mit der Unternehmenskultur beschäftigen muss.

In diesem vorletzten Abschnitt gebe ich den bisherigen Ausführungen einen Rahmen und verschaffe den einzelnen Aktivitäten einen Kontext. Wir können auch von einem Framework im Sinne eines theoretischen Bezugsrahmens sprechen. Damit zeige ich auf, wie das Thema Unternehmenskultur angegangen werden kann (es gibt natürlich auch weitere alternative Vorgehensmöglichkeiten). Somit werden also die bisherigen Ausführungen in einen Gesamtzusammenhang verortet. 

Zum einen stelle ich ein Architektur-Modell vor, das die einzelnen Ebenen der Kulturaktivitäten systematisiert. Damit wird verdeutlicht, dass die Unternehmenskultur – und deren Interventionsmöglichkeiten – auf verschiedenen Ebenen mit unterschiedlichen Ansätzen adressiert werden muss. Erst dieses gezielte Vorgehen sichert eine nachhaltige, organisch gewachsene und verankerte sowie im realen Unternehmensalltag gelebte und wahrnehmbare Unternehmenskultur. Zum anderen ist es wichtig, die einzelnen Maßnahmen zur Bestimmung, Analyse, Diagnose, Strategie- und Maßnahmenableitung bis hin zur Implementierung und Evaluation systematisch zu verknüpfen. Dazu dient das Prozessmodell “Culture Excellence”, das hier ebenfalls vorgestellt wird. Der Leser wird die bisherigen Maßnahmen dort in einem Regelkreis wiederfinden.

Das Architektur-Modell der Unternehmenskultur

Das Modell besteht aus drei unterschiedlich zu adressierenden Ebenen. Diese Ebenen erscheinen zunächst relativ unabhängig voneinander, will man jedoch einen möglichst hohen Effekt im nachhaltigen Kulturwandel erzielen, sollten sie integriert betrachtet werden – denn erst im Zusammenwirken entfalten sie ihr volles Potential. Zudem bedingen sie einander, die oberen Ebenen bestimmen den Rahmen für die nachfolgenden.

Die Orientierung der Kulturgestaltungs- und -veränderungsinitiativen am Architektur-Modell verhindern dabei, dass diese Umsetzungsideen auf der strategischen Ebene verbleiben oder sich in zusammenhanglosen Einzelinitiativen verlieren.

In der folgenden Abbildung wird das Modell mit seinen drei Ebenen vorgestellt und in seinen wesentlichen Aussagerichtungen und Wirkungen zusammengefasst.

Das Architektur-Modell zur Kulturgestaltung (Herget 2020)

Wir unterscheiden drei Ebenen: die erste Ebene, hier strategische Ebene genannt, identifiziert die Gesamtheit und die einzelnen Elemente der gewünschten Unternehmenskultur. Die Sicht ist ganzheitlich, das gesamte Unternehmen umfassend.

Die zweite Ebene bezeichnen wir als die operative oder Handlungsebene, in der inkremental, partiell oder gesamthaft konkrete Maßnahmen zur Gestaltung der Unternehmenskultur getroffen werden. Hier werden die einzelnen Zielvorgaben aus der strategischen Ebene in die tägliche Praxis übertragen. Sie berücksichtigt also die Prozesse, Rahmenbedingungen, Strukturen und Evaluationssysteme.

Die dritte Ebene bezeichnen wir als die punktuelle Ebene. Mit ihr wird das Konzept der Culture Hacks umfasst, deren Aufgabe es ist, den Arbeitsalltag immer wieder auf seine Konformität mit den Zielen der Unternehmenskultur zu fokussieren, zu überprüfen und gegebenenfalls korrigierend einzugreifen. Sie dient der Reflexion und Anpassung der gelebten Unternehmenskultur. Culture Hacks sind dabei definiert als personale und organisationale Interventionen, die durch einen Impuls zur Veränderung des Mindsets oder des Handelns aktiv eine gewünschte Unternehmenskultur fördern sollen.

Diese drei Ebenen sollten immer zusammen gedacht werden und erst ihr Zusammenspiel erbringt den maximalen Nutzen. In dieser Reihe haben wir uns vornehmlich mit der ersten und zweiten Ebene beschäftigt. Zur dritten Ebene darf ich auf mein diesbezügliches Buch verweisen (Herget 2021; siehe Literaturtipps am Ende des Beitrags).

Culture Excellence – Ein Prozess-Modell zur Gestaltung der Unternehmenskultur

Die Gestaltung der Unternehmenskultur ist ein komplexes Vorhaben. Es konnte jedoch hoffentlich gezeigt werden, dass die einzelnen Schritte allerdings gut bewältigbar sind. Begreift man diesen Prozess als eine strategische Aufgabe, umfasst sie mehrere Phasen und zahlreiche unterschiedliche Projektabschnitte, die aufeinander aufbauen. Der gesamte Kulturgestaltungsprozess wird in der folgenden Abbildung schematisch zusammengefasst.

Der Culture Excellence Prozess (Herget/Mader 2018)

Der Prozess der Kulturgestaltung leitet sich aus den Unternehmenszielen und -strategien ab, entwickelt ein individuelles Modell der relevanten Kulturfaktoren, evaluiert diese auf ihre gegenwärtige Ausprägung und ihre zukünftige Bedeutung, interpretiert die Ergebnisse, überführt diese in einen strategischen Planungsprozess, setzt die konzipierte Strategie in ausgewählten Projekten um und implementiert diese schließlich in konkrete Prozessabläufe. Dieser gesamte Prozess wird danach im Einzelnen und umfassend evaluiert. Dabei handelt es sich um einen ständigen Prozess, der regelmäßig durchlaufen wird.

Der Leser findet hier die einzelnen Teile unserer Ausführungen in einem Regelkreis, der phasenorientiert systematisch durchlaufen werden sollte.

Mit diesen zentralen Managementwerkzeugen lässt sich die Unternehmenskultur in der Praxis hervorragend gestalten. Natürlich kommt es auch hier darauf an, wie gut diese Instrumente eingesetzt werden. Eine kompetente Einführung stellt auch die beste Basis dar, um eine hohe Akzeptanz bei den Mitarbeitern sicherzustellen. 

Mit diesen Ausführungen schließt sich der inhaltliche Zyklus meiner Serie zum Thema der Unternehmenskultur.

Wichtig festzuhalten bleibt aus meiner Sicht:

  1. Unternehmenskultur geht jeden Manager an. Eine Vernachlässigung des Themas rüttelt an der Zukunftsfähigkeit von Unternehmen.
  2. Unternehmenskultur ist weit mehr als ein bloßes Lippenbekenntnis. Es erfordert eine breite Beteiligung, Diskussion und Lösungserarbeitung, die im Unternehmen durch einen hohen Vertrauensvorschuss getragen wird.
  3. Führungskräfte überschätzen häufig den Entwicklungsstand ihrer eigenen Unternehmenskultur und unterschätzen die Wirkungen, die eine gute Unternehmenskultur für das gesamte Unternehmen entfalten kann: Hier liegt enormes Potential brach, das zu heben sich auf jeden Fall lohnt.
  4. Wir verfügen mittlerweile über gute Modelle, Methoden und Instrumente, mit denen eine Kulturreise in eine bessere Zukunft gegangen werden kann.

Im letzten Teil unserer Artikelserie werden wir weiterführende Informationen zum Thema vorstellen. Sie bekommen exklusiven Zugang zu einigen Assessment-Werkzeugen, die Ihnen den Stand Ihrer Unternehmenskultur aufzeigen und sie werden garniert mit Vorschlägen, was Sie weiter unternehmen können, um diese zu optimieren. Ebenso stellen wir Ihnen die kostenfreie Culture Academy vor, wo Sie durch zahlreiche Videos, Checklisten und Weiteres in Ihrer Kompetenz zum Thema Unternehmenskultur gestärkt werden.

Unsere heutigen Reflexionsfragen lauten:

  1. Bewerten Sie den Entwicklungsstand Ihrer Unternehmenskultur auf der strategischen Ebene des Unternehmenskultur-Modells. Was haben Sie bereits realisiert? Mit welchem Erfolg?
  2. Bewerten Sie den Entwicklungsstand Ihrer Unternehmenskultur auf der operativen Ebene des Unternehmenskultur-Modells. Wo stehen Sie, welche Aktivitäten laufen?
  3. Betrachten Sie den Excellence Prozess: Welche der dort abgebildeten Aktivitäten haben Sie bereits durchgeführt? Mit welchem Erfolg? 
  4. Und schließlich: Haben Sie dem Thema Unternehmenskultur bisher eine gewisse Aufmerksamkeit gewidmet? War das ausreichend? Falls nein, warum eigentlich nicht?

Diese Antworten interessieren auch mich, mailen Sie sie mir doch bitte zu!

Sie haben konkrete Fragen zur Unternehmenskultur? Sie möchten Ihre Erfahrungen mit Kulturgestaltungsmaßnahmen teilen? Sie haben etwas beizutragen und würden sich gerne von uns interviewen lassen? Willkommen! Sprechen Sie mich an, meine Kontaktdaten finden Sie im Autorenprofil. Ich freue mich auf Sie! Sie erreichen mich unter josef.herget@excellence-institute.at

Dieser Beitrag ist der sechste Teil unserer 7-teiligen Reihe über Unternehmenskultur und wie wichtig diese für moderne Unternehmen ist. 

Teil 1: Unternehmenskultur wirkt – immer.
Teil 2: Wie komme ich eigentlich zur „richtigen“ Unternehmenskultur?
Teil 3:Wie messe ich die vorherrschende Unternehmenskultur, wie bestimme ich die
Potentiale der zukünftigen Kulturfaktoren?
Teil 4:Wie bestimme ich geeignete Strategien und Maßnahmen zum Kulturwandel?
Teil 5:Wie führe ich Maßnahmen der Kulturveränderung zum Erfolg?
Teil 6:Zur Einordnung aller Strategien und Maßnahmen:
Das Unternehmenskultur-Architektur-Modell als Blaupause
Teil 7:Ressourcen, Audits und Tools zum Thema Unternehmenskultur


Prof. Dr. Josef Herget
 verbindet langjährige Erfahrung in der Wissenschaft mit internationaler Beratungstätigkeit. Er hat an verschiedenen Universitäten in Europa gelehrt und geforscht, Unternehmen gegründet und geleitet sowie zahlreiche Beratungsagenden in Wirtschaft und Politik wahrgenommen. Im Laufe seiner Karriere hat er mehr als 300 Publikationen verfasst und Vorträge in über 30 Ländern gehalten. Josef Herget ist Academic Fellow des International Council of Management Consulting Institutes (ICMCI).
Weitere Informationen: www.josef-herget.comwww.excellence-institute.at

Literaturtipps:

Bodenstein, R./Herget, J.: Consulting Governance. Strukturen, Prozesse und Regeln für erfolgreiche Beratungsprojekte, Springer Gabler 2022

Herget, J.: Unternehmenskultur gestalten. Systematisch zum nachhaltigen Unternehmenserfolg. Springer Gabler 2020

Herget, J.: Culture Hacks strategisch einsetzen. Mit gezielter Irritation zur gewünschten Unternehmenskultur. Springer Gabler 2021

Herget, J.: Shaping Corporate Culture: For Sustainable Business Success. Springer 2023Herget, J./Strobl, H. (Hg.): Unternehmenskultur 

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