Vergaberecht: Wer ist (tatsächlich) Bestbieter?

Rechtsanwältin Dr. Kathrin Hornbanger prüft öffentliche Vergaben und berät bei Ausschreibungen und Nachprüfungsverfahren an ihrem neuen Kanzleistandort in Wien. © Fotostudio Andorfer
Rechtsanwältin Dr. Kathrin Hornbanger prüft öffentliche Vergaben und berät bei Ausschreibungen und Nachprüfungsverfahren an ihrem neuen Kanzleistandort in Wien. © Fotostudio Andorfer

Wer wird Bestbieter und gewinnt daher eine öffentliche Ausschreibung und warum? Das ist oft nicht leicht nachzuvollziehen und deshalb Gegenstand von Nachprüfungen vor den eigens auch dafür eingerichteten Verwaltungsgerichten. Dabei geht es auch um Direktvergaben ohne Ausschreibung, wie sie während der Pandemie mehr als ausgereizt wurden. Das kann auch bis zum Europäischen Gerichtshof führen und eine grundlegende Änderung der Rechtslage nach sich ziehen.

Beispielsweise konnte in der von Dr. Kathrin Hornbanger vertretenen Rechtssache EPIC das bisherige Pauschalgebührensystem für Nachprüfungsverfahren bei öffentlichen Aufträgen zu Fall gebracht werden. Eine Novellierung durch den Gesetzgeber ist in Arbeit. Nach Unionsrecht müsste die Höhe der zu entrichtenden Pauschalgebühr auch bei intransparenten Direktvergaben für den Bieter vorhersehbar sein. In der Sache selbst – nämlich ob die Vergabe der COVID-Antigentests rechtmäßig erfolgte – wurde wegen der Pauschalgebührenfrage noch immer nicht entschieden.

In diesem Umfeld fühlt sich Kathrin Hornbanger wohl und gilt als Fels in der Brandung bei kniffligen Fragen bzw. Entscheidungen zum Vergaberecht: „Die Palette an Aufträgen, die öffentlich ausgeschrieben werden müssen, ist vielfältig und zumeist auch vom Auftragsvolumen her sehr bedeutend. Nicht selten handelt es sich um Aufträge im zweistelligen Millionenbereich: Das geht von Gesundheitsthemen wie zum Beispiel der Lieferung von Medizinprodukten und medizinischen Geräten für Gesundheitseinrichtungen, über die Beschaffung komplexer IT-Systeme für etwa die Finanzverwaltung oder die Österreichische Nationalbank, die Durchführung von Sicherheitskontrollen auf Flughäfen oder bei Gerichten, die Reinigung von öffentlichen Gebäuden, die Organisation von PR- Kampagnen, die Lieferung von Strom oder Gas bis hin zu Architekturwettbewerben oder diversen Infrastrukturvorhaben wie Straßen-, Brücken- und Tunnelbau oder aber die Vergabe von Bus- und Bahnverbindungen.

Kurze Fristen

Die Krux bei solchen Aufträgen ist die recht kurze Bewerbungs- bzw. Angebotsfrist für Unternehmen, die oft bei nur wenigen Wochen/Tagen liegt sowie die sehr detaillierten und sehr umfassenden Ausschreibungsunterlagen, die genauestens eingehalten werden müssen und die ihrerseits höchste Anforderungen an die von den Bietern elektronisch abzugebenden Angebotsunterlagen einschließlich einer Vielzahl von zeitaufwändigen Nachweisen stellen. Die Fehlerquellen sind enorm und die Folgen schlicht fatal. Angebote, die nicht den Ausschreibungsunterlagen entsprechen oder nicht fristgerecht die geforderten Nachweise beinhalten, müssen vom Auftraggeber ausgeschieden werden. Auch für die Bestbieterermittlung zählt neben Präsentationen meist nur das schriftlich abgegebene Konzept oder aber sonstige geforderte schriftliche Unterlagen bzw. Nachweise. Nachbesserungen sind in der Regel nicht erlaubt“, so die Vergaberechtsexpertin. 

Wird ein Auftrag vergeben, haben Mitbewerber das Recht, die Entscheidung zu beeinspruchen. Aber auch das Ausscheiden eines Angebotes kann beeinsprucht werden. „Auch hier gibt es nur einen sehr kurzen Zeitraum – 7 bis 10 Kalendertage für den Einspruch –, und ein sehr straff geführtes Nachprüfungsverfahren, wobei bereits der Nachprüfungsantrag alle wesentlichen Rechtswidrigkeiten beinhalten und auch strengen formalen Anforderungen entsprechen muss, um zulässig zu sein. Ich stehe den Unternehmen während des gesamten Vergabeverfahrens beratend zur Seite, auch schon im Bewerbungs- und Angebotsprozess, womit sich viele Probleme verhindern lassen und auch dann als Rechtsvertretung vor dem Verwaltungsgericht, wenn es darum geht, Entscheidungen des Auftraggebers überprüfen zu lassen.“ Kritisch betrachtet Hornbanger die Anfechtbarkeit von Direktvergaben, da auch hier kurze Fristen gelten und darauf abgestellt wird, ob der Mitbewerber von der Direktvergabe Kenntnis hatte oder aber Kenntnis haben hätte können. „Wann das der Fall ist, bleibt oftmals der Interpretation durch die Verwaltungsgerichte überlassen, wodurch oft zu Beginn des Verfahrens nicht eindeutig ist, ob ein Nachprüfungsantrag fristgerecht eingebracht werden kann oder nicht“.

Rechtliche Beratung von Beginn an

Die Vergaberechtsexpertin empfiehlt allen Unternehmen, die sich an öffentlichen Ausschreibungen beteiligen möchten, gleich von Beginn an rechtliche Beratung in Anspruch zu nehmen: „Der Aufwand für die Erstellung von Angeboten bei öffentlichen Aufträgen ist enorm und die Fehlerquelle ist hoch. Bei einer guten Vorbereitung und wenn gleich von Beginn an alles vollständig und wie gefordert mit dem Teilnahmeantrag oder dem Angebot abgegeben wird, hat man deutlich bessere Chancen, eine Ausschreibung für sich zu entscheiden und muss dann nicht auf ein Nachprüfungsverfahren zurückgreifen, bei dem ich aber natürlich auch gerne unterstütze. Oft ist eine Rechtsfrage nicht eindeutig zu beantworten und dann zahlt es sich jedenfalls aus ein Nachprüfungsverfahren einzuleiten, zumal man damit aus der Position des vermeintlichen Nicht-Bestbieters nur gewinnen kann“.

Zur Person Dr. Kathrin Hornbanger:

Dr. Kathrin Hornbanger gilt als eine der erfahrensten Expertinnen im Vergaberecht, ist seit mehr als 10 Jahren jährlich unter den Top-Juristen im Anwaltsranking und hat Zugriff auf ein internationales Netzwerk hochspezialisierter Juristen und Partner. Ihre Expertise steht nicht nur Unternehmen und öffentlichen Auftraggebern, sondern auch Anwaltskanzleien zur Verfügung.

Die gebürtige Kärntnerin begann ihre berufliche Laufbahn am Europäischen Gerichtshof in Luxemburg, arbeitete bei Cerha Hempel Rechtsanwälte und Schönherr Rechtsanwälte in Wien und war als Leiterin der Rechtsabteilung und Prokuristin für den erfolgreichen Aufbau und die Abläufe in der Bundesbeschaffung BBG wesentlich mitverantwortlich. Als selbstständige Anwältin vertritt sie in heiklen Nachprüfungsverfahren und machte unter anderem bei der Nachprüfung der Covid-Test Vergaben und deren Folgen von sich reden.Kathrin Hornbanger führt ihre eigene auf Vergaberecht spezialisierte Kanzlei seit 2005 in Wien. Sie war zuletzt auch als Counsel für die international tätige Anwaltskanzlei Baker McKenzie in Wien tätig um ihre internationale Erfahrung noch weiter auszubauen.

Weitere Informationen unter https://www.hornbanger.com/

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