“Stille Reserve” am Arbeitsmarkt

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Analysen zum ungenutzten Arbeitskräftepotenziale zeigen, dass bei den Österreichern erhebliche zusätzliche Potenziale an Arbeitskräften bestehen. Diese “Stille Reserve” sind Beschäftigte, die gerne mehr arbeiten möchten, aber nicht aktiv danach suchen.

“Neben den bereits deklarierten Arbeitsuchenden in Arbeitslosigkeit bestehen weitere Potenziale in der ‘Stillen Reserve’ und bei unterbeschäftigten Erwerbstätigen, in erster Linie bei Teilzeitbeschäftigten”, so Mahringer. Die Nutzung dieser Potenziale gewinne laut der WIFO-Studie “Aktivierbare Arbeitsmarktpotenziale und ‘Stille Reserven’ in Österreich” bei der abzusehenden schwächer werdenden Zunahme des Arbeitskräfteangebots an Bedeutung.

“Häufig ist die Aktivierung dieses Potenzials nur mit dem Abbau von Erwerbshindernissen, etwa der Unvereinbarkeit mit Betreuungsaufgaben, mangelnder Kompetenzen, einem Mangel an geeignet ausgestalteten Arbeitsplätzen für gesundheitlich Beeinträchtigte oder schlechter Sprachkenntnisse zu erreichen”, so Mahringer.

Ungenutztes Arbeitskräftepotenzial

Zum ungenützten Arbeitskräftepotenzial zählen Arbeitslose, die “Stille Reserve” und Teilzeitbeschäftigte, die gerne mehr arbeiten möchten. Personen in der “Stillen Reserve” geben an, arbeiten zu wollen, suchen aber nicht aktiv nach Arbeit. Etwa ein Viertel könnte sofort Arbeit aufnehmen, die anderen drei Viertel nur perspektivisch.

Die “Stille Reserve” ist ein großer Teil des ungenutzten Arbeitskräftepotenzials. “Wir sprechen von bis zu 312.000 Personen. Dazu kommen noch 139.000 unfreiwillige (unterbeschäftigte) Teilzeitkräfte, also Personen, die gerne mehr Stunden arbeiten möchten. Die meisten davon wünschen sich mehr Stunden in ihrer bestehenden Arbeit, im Schnitt um elf Stunden mehr”, so Mahringer. Es gibt mehr Personen in der “Stillen Reserve” oder unfreiwillig Teilzeitbeschäftigte (nämlich bis zu 450.000) als Arbeitslose (221.000).

Jeder Zehnte glaubt nicht an den passenden Arbeitsplatz

Bestimmte Personengruppen sind in der “Stillen Reserve” überrepräsentiert: Frauen, Personen mit Migrationshintergrund, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen und (ehemalige) Arbeiter.

Ein Drittel der Personen in der “Stillen Reserve” ist entmutigt: Sie glauben nicht, dass es einen für sie passenden Arbeitsplatz gibt. Jeder Zehnte gibt gesundheitliche Gründe an. Ein Viertel befindet sich in Aus- oder Weiterbildung. 15 Prozent der Frauen sind wegen Betreuungspflichten nicht auf Arbeitssuche.

“Stille Reserve” als ein Übergangsstadium

Unter den Jungen, die in keinem Ausbildungs- oder Arbeitsverhältnis sind, sucht ein Viertel aus gesundheitlichen Gründen nicht nach Arbeit; ein Viertel der Frauen gibt Betreuungspflichten als Grund an. Männer sind häufiger entmutigt als Frauen und geben häufiger (zu einem Drittel) sonstige Gründe an.

Die “Stille Reserve” ist meistens ein Übergangsstadium: Rund drei Viertel der Betroffenen gehören dieser Gruppe bis zu drei Monate an, ein Viertel vier Monate oder länger.

Frauen und Personen mit Migrationshintergrund arbeiten öfter unfreiwillig in Teilzeit. Die meisten geben an, keinen Vollzeitjob zu finden. Ein Viertel der Frauen kann wegen Betreuungspflichten nicht Vollzeit arbeiten.

Simulation bis 2040

Bis 2040 fällt die Zahl der Vollzeitbeschäftigten um 80.000 Personen, die der Arbeitslosen um 57.000 Personen. Die Anzahl der Teilzeitbeschäftigten steigt um 175.000 Personen. Die Zahl der Pensionisten in der Bevölkerungsgruppe der bis 64-Jährigen geht um 206.000 zurück. Dafür nehmen um 35 Prozent mehr Personen aus gesundheitlichen Gründen nicht am Erwerbsleben teil. Auch die Zahl der Personen, die ausschließlich geringfügig beschäftigt sind oder aus sonstigen Gründen nicht am Erwerbsleben teilnehmen, wird voraussichtlich sinken: um 17.000 bzw. 93.000 Personen.

Abbau von Erwerbshindernissen relevant

Die Aktivierung der Potenziale in der “Stillen Reserve” bzw. bei unterbeschäftigten Teilzeitarbeitskräften ist nur mit dem Abbau von Erwerbshindernissen, etwa der Unvereinbarkeit mit Betreuungsaufgaben, mangelnder Kompetenzen, eines Mangels an geeignet ausgestalteten Arbeitsplätzen für gesundheitlich Beeinträchtigte oder schlechter Sprachkenntnisse zu erreichen.

Die Arbeitsmarktintegration von Migrant:innen stellt in Österreich eine zunehmende Herausforderung dar, einerseits aufgrund ihres steigenden Anteils an der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter und teilweise wegen eines durch eine veränderte Herkunftsstruktur erhöhten kulturellen und sprachlichen Integrationsbedarfs. Hier besteht Handlungsbedarf besonders bei der Integration von Frauen, die in dieser Gruppe besonders häufig erwerbsinaktiv sind. Auch der steigende Anteil Jüngerer in der “Stillen Reserve” dürfte mit zunehmendem Integrationsbedarf in Zusammenhang stehen.

(pi)

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