Stabilität am Zinshaus-Markt

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Nach Jahren hektischer Betriebsamkeit ist am Zinshaus-Markt nun Stabilität eingekehrt. Nun beginnt die Bereinigungsphase. Mehr Angebot und eine gebremste Nachfrage ist laut dem Zinshaus-Marktbericht erkennbar. Für 2024 wird ein Aufschwung erwartet.

 Seit Herbst 2022 verändert sich der Markt für Wiener Gründerzeit-Zinshäuser stark. Mag. Philipp Maisel, Teamleiter Zinshaus bei OTTO Immobilien am Montag bei einer Pressekonferenz, berichtet: „Nach Jahren der hektischen Betriebsamkeit ist eine Stabilisierungs- und Bereinigungsphase eingeläutet“. Das erste Halbjahr 2022 verlief stark, während es im zweiten Halbjahr zu einem Ablauf der Marktdynamik kann. Im vergleich zu anderen Assetklassen ist der Wandel allerdings nur in einem geringen Ausmaß.

Der aktuelle Zinshaus-Marktebericht von OTTO-Immobilien zeigt, dass Bestandshalter,befeuert durch die deutlich gestiegenen Zinskosten innerhalb ihres Immobilienportfolios, begonnen haben häufiger als bisher ihre Projekte auf dem Markt zu platzieren. „Dadurch ist das Angebot gestiegen, während die Nachfrage einerseits durch die erhöhte Unsicherheit am Markt und anderseits durch die stark gestiegenen Finanzierungskosten gebremst wurde“, erklärt Maisel. Die verminderte Marktdynamik könnte nach seiner Einschätzung noch bis Jahresende dauern. Für 2024 erwartet der Zinshausexperte aus heutiger Sicht einen leichten Aufschwung.

Mitpreisbremse – ein unzulässiger Eingriff in Eigentumsrechte

Aus aktuellem Anlass nahm Dr. Eugen Otto bei der Pressekonferenz auch zur jüngsten Entscheidung der Bundesregierung gegen die Einführung einer sogenannten Mietpreisbremse Stellung. „Diese wäre ein unzulässiger Eingriff in bestehende Eigentumsrechte gewesen“, so der Firmenchef. Ein Wohnkostenzuschuss als finanzielle Unterstützung jener Menschen, die dies benötigen, sei für ihn hingegen eine „treffsichere und faire Alternative“.

Transaktionsrückgang

Im Jahr 2022 fanden am Wiener Zinshausmarkt 483 Transaktion statt. Das bedeutet einen Rückgang im Vergleich zu 2021 um 28 Prozent. In 14 der Wiener Bezirke ist die Verkaufsanzahl deutlich zurückgegangen: „So konnte in den Bezirken 13 bis 17 ein Rückgang von durchschnittlich rund 52 Prozent beobachtet werden“, betont Philipp Maisel. Eine Ausnahme davon sind der erste sowie der neunte Bezirk. Hier wurden mit einem Plus von 80 und 95 Prozent der stärkste Zuwachs bei der Anzahl der Zinshausverkäufe erfasst. ” Insgesamt kam es in 11 Bezirken zu Steigerungen der Transaktionsanzahl, in 12 zu einer Stagnation“, fügt Maisel dem hinzu. Interessant zu beobachten ist außerdem, dass es mit 58 Prozent deutlich mehr Transaktion in den Bezirken außerhalb des Gürtels als innerhalb gab.

Leichter Rückgang des Gesamt-Transaktionsvolumen

Das gesamte Transaktionsvolumen, also Asset Deals und Share Deals zusammen, lag 2022 laut OTTO Immobilien bei knapp über zwei Milliarden Euro. Im Jahr 2021 hingegen wurde mit zwei Komma Vier Milliarden Euro ein Rekordergebnis erzielt. „Das Transaktionsvolumen der Asset Deals lag 2022 mit insgesamt rund 1,7 Milliarden Euro leicht unter dem Wert von 2021. Wir erwarten aber noch eine größere Anzahl an Nachläufen. Mit diesen noch nicht verbücherten Transaktionen könnte noch ein Volumen knapp unter dem Wert erreicht werden“, sagt Maisel. Auffallend sei, dass trotz der erschwerten Rahmenbedingungen im zweiten Halbjahr 2022 insgesamt ein Transaktionsvolumen von rund 850 Millionen Euro umgesetzt wurde. Dies entspricht einer Zunahme von acht Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum 2021. Im Jahr 2022 entfielen 55 Prozent des Verkaufsvolumens übrigens auf die inneren Bezirke. Im Gegensatz dazu fielen 45 Prozent auf die äußeren Bezirke, was einen Rückgang von fünf Prozentpunkten bedeutet. Damit ist eine leichte Verschiebung der Anteile zugunsten der Bezirke innerhalb des Gürtels erkennbar.

Verminderung der Preise seit Herbst 2022

Seit Herbst 2022 sind die Preise, in einigen Bezirken besonders bemerkenswert gesunken. „Über ganz Wien ist im Durchschnitt ein Minus von 10 Prozent zu beobachten“, berichtet Maisel. Am stärksten haben sich die Mindestpreise im zweiten, dritten, zehnten und 20. Bezirk um rund 15 Prozent vermindert. „Auch in den Bezirken 11, 12, und 18 sind die Einstiegspreise zurück gegangen. Hier haben wir Verluste zwischen 10 Prozent und 11 Prozent beobachtet, wobei Gründerzeit-Zinshäuser in einem durchschnittlichen Zustand nicht unter 2.035 Euro/m² verkauft werden“, so Mag. Maisel. Weiters haben sich auch die Maximalpreise um durchschnittlich neun Prozent vermindert.

In Hinblick auf die Preiskategorien entfiel nach Erhebung der Experten auf die Kategorie der ganzen Zinshäuser bis fünf Millionen Euro mit 64 Prozent der Transaktionen ein um fünf Prozentpunkte niedrigerer Anteil als im Vergleichszeitraums des Jahres 2021. Die Anzahl der Verkäufe mit einem Volumen höher als fünf Millionen Euro hat dagegen deutlich zugenommen und liegt nun bei 36 Prozent. „Im Bereich von über 10 Millionen Euro wurden sogar deutliche Zuwächse im Transaktionsvolumen verzeichnet“, unterstreicht Maisel.

Steigende Rendite

Erstmalig ziehen die Renditen im Jahr 2022 wieder an. „Im Großteil der Bezirke beträgt die Maximalrendite zwischen 2-3 Prozent“, berichtet Dkfm. Christoph Lukaschek MBA, MRICS, Leiter Investment bei OTTO Immobilien. Die einzige Ausnahme bildet der Bezirk 1, wo die Maximalrendite unter 2 Prozent liegt. „Die Spitzenrendite für das beste Objekt in der besten Lage (entspricht der Mindestrendite im 1. Bezirk) beträgt derzeit 0,76 Prozent“ so Lukaschek.

Deutlicher Rückgang von Share Deals

Für Share Deals verlief das erste Halbjahr vergleichbar mit der Vergleichsperiode 2021. Doch im zweiten Halbjahr kam es zu einem signifikanten Rückgang sowohl hinsichtlich der Anzahl als auch der Volumina.

Mag. Florian Schmidl, Geschäftsführer Mazars berichtet: „Zwar war auch in den Vorjahren erkennbar, dass das zweite Halbjahr jeweils tendenziell schwächer ausfällt, allerdings ist der Rückgang im zweiten Halbjahr 2022 auch im Vergleich mit dem zweiten Halbjahr 2021 signifikant.” Die Anzahl der Transaktionen sank im Vergleich um 77 Prozent die Volumina sogar um 84 Prozent. Insgesamt wurden im Jahr 2022 53 Share Deals durchgeführt – nach 72 im Jahr 2021 – ein Rückgang um 26 Prozent, betont Schmidl.

Unternehmen sind stärkste Käufer- sowie Verkäufergruppe

Sowohl auf der Verkäufer- als auch auf der Käuferseite hatten Unternehmen 2022 die Nase vorn. „Knapp 81 Prozent aller Käufe sowie 43 Prozent aller Verkäufe sind im Vorjahr von Unternehmen ausgegangen. Im Vergleich zum Jahr 2021 bedeutet dies ein Plus von 16 Prozentpunkten bei den Käufen, ein Minus von neun Prozentpunkten bei den Verkäufen“, berichtet Maisel. Die restlichen Transaktionen sind der Gruppe der Sonstigen zuzurechnen. Vergleicht man das zweite Halbjahr 2022 mit jenem des Jahres 2021, so zeigt sich, dass auch in Bezug auf das Transaktionsvolumen Unternehmen die stärkste Käufer- sowie Verkäufergruppe darstellen: 95 Prozent der Käufer beziehungsweise 55 Prozent der Verkäufer des gesamten Transaktionsvolumens je Bereich entfallen auf diese. Privatpersonen sind als Käufer für 4 Prozent und als Verkäufer für 41 Prozent des Transaktionsvolumens im zweiten Halbjahr 2022 verantwortlich, was eine Abnahme von Minus acht Prozentpunkten beziehungsweise Minus zwei Prozentpunkten bedeutet. Auf die Gruppe der Sonstigen entfielen nur rund ein Prozent des Volumens auf Käufer und 4 Prozent auf Verkäuferseite.

Rückgang des Bestandes

Während im Herbst 2009 noch 15.529 Gründerzeit-Zinshäuser − im engeren Sinn nach OTTO Immobilien − identifiziert werden konnten, sind es mit Stichtag 14.2.2023 nur noch 13.607. Damit hat sich die Anzahl seit der letzten Berichtsperiode um 68 und somit insgesamt um 1.922 verringert, was einem Rückgang des Bestandes seit 2009 von etwa 12,4 Prozent entspricht. Hauptgrund dafür ist die Begründung von Wohnungseigentum. Abrisse von Gründerzeit-Zinshäusern sind hingegen sehr selten, was für ihre hohe bauliche Qualität beziehungsweise ihre ausgezeichnete Adaptierbarkeit spricht. (pi)

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