Österreichisches Notariat als Vorreiter für Rechtssicherheit bei KI

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Die Digitalisierung und künstliche Intelligenz prägen die Rechtspflege, bieten Chancen für Effizienz und Bürgernähe, aber auch Unsicherheiten durch Fake News und Missbrauch. Das österreichische Notariat gilt als technologischer Vorreiter.

Digitalisierung und der Einsatz künstlicher Intelligenz haben auch in der Rechtspflege Einzug gehalten und stellen das gesamte Justizwesen vor neue Herausforderungen. Sie bieten aber auch Chancen für mehr Bürgernähe und Effizienz, gerade auch bei grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren. Gleichzeitig sind die Menschen durch Fake News und den missbräuchlichen Umgang mit digitalen Anwendungen und KI verunsichert. 

Vor diesem Hintergrund gewinnt der Wert der Rechtssicherheit eine ganz neue Bedeutung. Die Kernaufgabe des Notariats, den Menschen Sicherheit in wichtigen Lebenssituationen zu geben, muss auch und gerade im Umgang mit neuen Technologien gelingen. „Das österreichische Notariat ist hier technologischer Vorreiter in Europa und erfüllt zugleich eine Gatekeeper-Funktion – auch im digitalen Raum. Dazu muss es Teil der Entwicklungen, Teil des technologischen Fortschritts sein und diesen auch beherrschen“, unterstrich Michael Umfahrer, Präsident der Österreichischen Notariatskammer, die Rolle des Notariats  bei den 34. Europäischen Notarentagen am 18. und 19. April in Salzburg.

Potenzial im Einsatz digitaler Technologien in der Justiz

Renate Nikolay, stellvertretende Generaldirektorin DG Connect der Europäischen Kommission, betonte die Notwendigkeit, den europäischen Datenschutz und die Regulierung von KI in Einklang zu bringen, ohne Innovationen zu behindern. Nikolay war federführend an der europäischen KI-Verordnung, dem sogenannten AI-Act, beteiligt. Diese verfolgt einen smarten, risikobasierten und menschenzentrierten Ansatz, mit dem klaren Ziel, KI zu ermöglichen und nicht zu verbieten, und gleichzeitig Innovationen zu fördern. In der industriellen Anwendung kann KI die Produktivität und das Innovationspotenzial in allen Branchen steigern. 

Für Nikolay ist die EU eine Pionierin, die als erste weltweit versucht, KI regulatorisch in den Griff zu bekommen, um das Vertrauen der Bürger:innen in diese bahnbrechende Technologie zu erhalten. Nikolay sieht ein enormes Potenzial im Einsatz digitaler Technologien in der Justiz. Für das Notariat, dem bei der Authentifizierung eine Schlüsselrolle zukommt, wird das digitale Wallet, das 2026 in Kraft treten soll, die künftige Arbeit erleichtern.

Noch keine Ersetzung des notariellen Prozesses

Das niederländische Notariat hat als eines der ersten Notariate in Europa eine umfassende Studie über die Auswirkungen von KI auf das Notariat in Auftrag gegeben. Einer der Autoren der Studie, Tim Walree, Assistenzprofessor an der Radboud Universität, präsentierte in Salzburg die wichtigsten Ergebnisse. 

Obwohl KI-Anwendungen Notaren bestimmte Aufgaben abnehmen oder sie dabei unterstützen können, sind sie (noch) nicht in der Lage, den gesamten notariellen Prozess zu ersetzen. Die menschliche Interaktion zwischen Notaren und Klienten ist und bleibt in jedem Fall notwendig. Wichtig ist auch, sich frühzeitig der Risiken von KI sowie der rechtlichen Rahmenbedingungen (AI Act, Datenschutzbestimmungen, etc.) bewusst zu sein. So können diese Parameter bereits bei der Entscheidung über den Einsatz von KI in der täglichen Praxis berücksichtigt und Risiken minimiert werden. Richtig eingesetzt kann KI so zu einer Stärkung der zentralen notariellen Grundwerte führen.

Verbesserung der Vernetzung relevanter Register

Keynote-Sprecherin Marie Vautravers, die bei der Europäischen Kommission im Justiziellen Netz für Zivil- und Handelssachen tätig ist, gab abschließend einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen im Bereich der Digitalisierung, der grenzüberschreitenden Rechtspflege, des Erwachsenenschutzes und der Elternschaft. 

Vautravers erläuterte einen Regelungsentwurf zur Verbesserung der Situation des grenzüberschreitenden inklusiven Erwachsenenschutzes. Etwa 1,4 Prozent der EU-Bevölkerung, d.h. rund 5 Millionen Menschen, stehen unter einer gerichtlichen Schutzmaßnahme. Bis zu 780.000 Erwachsene befinden sich in grenzüberschreitenden Lebenssituationen. Durch die Digitalisierung soll die Vernetzung relevanter Register vorangetrieben werden, um den EU-weiten Zugang zu Rechtsakten wie Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen oder Elternrechten zu erleichtern.

(pi)

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