Wirtschaftliche Herausforderungen belasten Österreichs Wettbewerbsfähigkeit

Österreichs Wirtschaftsstandort kämpft mit Herausforderungen und den steigenden Energiepreisen. ©Pixabay

Die österreichische Wirtschaft steht vor zahlreichen Herausforderungen wie einem steigenden Kostendruck, sinkender Nachfrage und Engpässen bei Rohstoffen und Arbeitskräften. Hohe Energiepreise beeinträchtigen zudem die Wettbewerbsfähigkeit und könnten zu Produktionsverlagerungen führen. Es besteht dringender Handlungsbedarf seitens der Politik, um den Standort zu stärken.

Kostendruck durch eine Inflationsrate deutlich über dem Schnitt der Eurozone, eine sinkende Nachfrage und der Rückgang bei neuen Aufträgen – Das sind nur einige der Herausforderungen, die die österreichische Wirtschaft aktuell zu bewältigen hat. Dazu kommen hohe Investitionen in die Dekarbonisierung, Schwierigkeiten bei der Verfügbarkeit von Rohstoffen, Arbeitskräftemangel und hohe Energiepreise. Vor allem letztere belasten die Wirtschaft.

Doch repräsentative Informationen, wie weiterhin hohe Energiepreise die Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Wirtschaft, ihre mittelfristige Exportperformance und damit den Wirtschaftsstandort Österreich beeinflussen, gab es bis dato kaum:
„Wir verlieren im internationalen Vergleich deutlich an Wettbewerbsfähigkeit und müssen dringend gegensteuern, um drastische Auswirkungen auf unseren Standort zu verhindern. Die Wirtschaftskammer Österreich hat das WIFO daher beauftragt, aussagekräftige Erkenntnisse zu den Folgen der hohen Energiepreise zu liefern“, so Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich (WKÖ).

Dafür hat das WIFO in unterschiedlichen Modellrechnungen die Auswirkungen hoher Energiepreise untersucht. Und schon das Szenario, dass die Energiepreise zwar hoch, aber unter den derzeit beobachteten Werten bleiben, zeigt stark negative Effekte: So würden die österreichischen Warenexporte langfristig um rund 2,1 Prozent unter dem Nicht-Krisenniveau bleiben, die Industrieproduktion um etwa 3 Prozent. „Die asymmetrische Verteilung der Energiepreisanstiege über die Weltregionen hinweg hat die Wettbewerbsfähigkeit des österreichischen und der europäischen Exportwirtschaft beeinträchtigt“, so Gabriel Felbermayr „Die Modellergebnisse zeigen auch, dass es zu einer Verschiebung der Produktion kommen kann und dass die hohe internationale Verschränkung globaler Wertschöpfungsketten die Dynamik der Industrie beeinflusst.“

Unternehmen erwarten Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit

Das Update der WIFO-Industriebefragung (Sample:1.076 Unternehmen aus unterschiedlichen Segmenten der Sachgüterzeugung; Rücklaufquote: 25,8 Prozent; Zeitraum Februar/März 2023) erlaubt Rückschlüsse darauf, wie Unternehmen mittelfristig strategisch auf weiterhin hohe oder steigende Energiepreise reagieren. 

So bestätigen die Befragungsergebnisse, dass die Preisanstiege von Energie und energieintensiven Vorleistungen die Ertragslage der Unternehmen negativ beeinflusst haben. Dabei melden Unternehmen mit hoher Energieintensität überdurchschnittlich oft stark negative Auswirkungen durch die Preissteigerungen. Rund die Hälfte der Unternehmen (49 Prozent) erwartet bei weiterhin hohen Energiepreisen eine Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit gegenüber europäischen und außereuropäischen Mitbewerbern. Aus- und Verlagerungen werden begünstigt. Rund 47 Prozent der befragten Unternehmen geben an, dass die Verlagerung von Produktionsschritten ins Nicht-EU-Ausland durch hohe Energiepreise begünstigt wird.

Rückgang der Investitionen im Inland wird erwartet

Mehrheitlich rechnen die befragten Unternehmen mit Rückgängen bei Investitionen im Inland. Zwar werden Investitionen in Energieeffizienz deutlich ansteigen, diese können durch hohe Energiepreise ausgelöste Investitionsrückgänge aber nicht kompensieren. „Während sich das Problem der Lieferengpässe bei Investitionen in energiesparenden Maßnahmen mit der Zeit lösen dürfte, sehen sich die Unternehmen erheblichen technologischen, regulatorischen und wirtschaftlichen Hemmnissen und Unsicherheiten gegenüber, welche die Investitionsbereitschaft dämpfen.“ erläutert Werner Hölzl die Befragungsergebnisse.

International werden industriepolitische Strategien verfolgt

„Wir zeigen auf, was die österreichische Wirtschaft braucht, damit wir im globalen Wettbewerb nicht abstürzen und unseren Wohlstand halten können. Seitens der Politik besteht ein dringender Handlungsbedarf“, betonte WKÖ-Generalsekretär Kopf. Hintergrund ist auch, dass große Industrienationen und globale Wirtschaftsräume aktuelle industriepolitische Strategien verfolgen: China etwa mit massiven Förderungen für Photovoltaik, die USA mit dem Inflation Reduction Act als einer neuen Dimension im Subventionsrennen oder Deutschland mit der Diskussion über einen Industrie- bzw. Transformationsstrompreis, womit der Subventionswettbewerb in der unmittelbaren europäischen Nachbarschaft angekommen ist. „Politisch nicht zu reagieren ist die gänzlich falsche Option, denn der Verlust der Wettbewerbsfähigkeit trifft mittelfristig alle Betriebe im Land – egal ob Industrie oder Mittelstand“, unterstrich Karlheinz Kopf.

Negative Auswirkungen sollten möglichst gering gehalten werden

Die österreichische Wirtschaftspolitik müsse darauf ausgerichtet sein, negativen Auswirkungen des Energiepreisanstieges auf den Standort möglichst gering zu halten. 

Dazu gehören unter anderem die Senkung der Steuer- und Abgabenlast auf Arbeit, ängeres Arbeiten von älteren Beschäftigten attraktiver zu machen sowie die Verbesserung der Kinderbetreuungsangebote. Ein weiterer wichtiger Aspekt ist ein investitionsfreundlicher Rechtsrahmen, schnelle Genehmigungsverfahren. Außerdem sollten die administrative Kosten und lange Vorlaufdauern von Investitionen reduziert werden. Grund dafür ist, weil Genehmigungsverfahren derzeit, ein Hemmnis für Investitionen in energiesparende Maßnahmen darstellen. Weiters ist ein effizientes und kostengünstiges Strommarktdesign auf Basis der Merit Order, mit staatlichen Interventionen in Krisenfällen und einem Industriestrompreis als mögliche Übergangslösung relevant. Essenziell ist zusätzlich die Schaffung der rechtlichen, finanziellen und technologischen, Rahmenbedingungen zum raschen Hochfahren einer nationalen und europäischen Wasserstoffwirtschaft. Zielgerichtete Förderungen für besonders ambitionierte Investitionsprojekte zur Dekarbonisierung der Wirtschaft sind ebenso von grundlegender Bedeutung. Genauso wie kurzfristig zur Verfügung stehende wirtschaftspolitische Maßnahmen wie etwa temporäre Unterstützungen durch Subventionen für energieintensive Unternehmen.

(pi)

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