In Österreichs Führungsetagen fehlt es an Diversität. Frauen, internationale Perspektiven und Quereinsteiger sind selten vertreten, was Unternehmen wichtige Chancen auf innovative Ansätze und Attraktivität als Arbeitgeber kostet. Unbewusste Voreingenommenheit und einseitige Entscheidungsprozesse verstärken diese Homogenität – ein Hindernis, das dringend überwunden werden muss.
In Österreichs Führungsetagen mangelt es an Diversität – das zeigt der aktuelle Leadership Survey des Beratungsunternehmens Deloitte. 17 Prozent der Unternehmen verfügen derzeit über ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Frauen und Männern im Top-Management, bei über 40 Prozent sind Frauen nur vereinzelt oder gar nicht in der obersten Führungsetage vertreten. Auch Personen mit internationaler Herkunft sowie Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger sind eine Seltenheit.
„Diverse Führungsteams bringen nachweislich viele Vorteile für Unternehmen: Unterschiedliche Perspektiven, innovativere Problemlösungen und schlussendlich eine höhere Arbeitgeberattraktivität“, betont Gudrun Heidenreich-Pérez, Partnerin bei Deloitte Österreich. „Allerdings hat die Sicherstellung von Diversität für viele Unternehmen keine Priorität. Das muss sich dringend ändern, gerade um die großen Umbrüche rund um Digitalisierung und Demografie erfolgreich bewältigen zu können.“
Unconscious Bias führt zu homogenen Teams
Ein Grund für die mangelnde Diversität in den Führungsetagen ist unter anderem unbewusste Voreingenommenheit, auch bekannt als Unconscious Bias. Im Kontext von Personalentscheidungen spielen laut Umfrage vor allem der Sympathieeffekt (73 Prozent), also die Bevorzugung von Personen aufgrund persönlich empfundener Sympathie, sowie der Affinity Bias (62 Proznet), also die Bevorzugung von Personen, die einem ähnlich sind, eine große Rolle. Und auch der Confirmation Bias (31 Prozent) und damit die Bevorzugung von Informationen, die die eigene vorgefasste Meinung bestätigen, ist ein zentraler Einflussfaktor.
„Unbewusste kognitive Voreingenommenheit betrifft uns alle und verleitet zu Entscheidungen, die auf unvollständigen und einseitigen Informationen basieren. Im Kontext von Stellenbesetzungen führt das vor allem zu starker Homogenität“, erklärt Gudrun Heidenreich-Pérez. „Um dem zu entgehen, müssen Entscheidungsprozesse reflektiert werden. Und man muss sich Wahrnehmungsverzerrungen und ihrer beeinflussenden Wirkung bewusst werden.“
Entscheidungsbereitschaft und Empathie sind gefragt
Führungskräfte stehen zweifellos vor erheblichen Herausforderungen. Zur Bewältigung der Aufgaben sind nicht nur diverse Teams, sondern auch entscheidungsbereite (48 Prozent) und empathische (40 Prozent) Persönlichkeiten gefragt. Verantwortungsbewusstsein (39 Prozent) und die Fähigkeit, schnell komplexe Situationen zu erfassen (29 Prozent), gelten ebenfalls als wichtige Eigenschaften. Aspekte wie Mut (7 Prozent), Selbstvertrauen (7 Prozent) und Risikobereitschaft (1 Prozent) spielen derzeit nur eine untergeordnete Rolle.
Hinsichtlich Kompetenzen haben die Befragten klare Vorstellungen: Ein Großteil (56 Prozent) sucht nach Personen, welche die Fähigkeit haben, andere zu inspirieren und zu motivieren. Aber auch der Bereitschaft partnerschaftlich zu agieren (47 Prozent) sowie strategische Orientierung zu geben und Sinn zu vermitteln (42 Prozent) wird große Bedeutung beigemessen. Dabei haben die Unternehmen die gesuchten Persönlichkeiten häufig bereits im Haus: So geben 42 Prozent der Befragten an, die Top-Managementpositionen der vergangenen Jahre vorwiegend intern besetzt zu haben.
„In der Praxis zeigt sich: Die Identifikation von Talenten innerhalb der Organisationen gewinnt an Bedeutung, gerade vor dem Hintergrund einer anrollenden Pensionierungswelle“, so Gudrun Heidenreich-Pérez. „ Was wesentlich dabei ist: Sowohl bei internen als auch externen Besetzungen ist ein systematisches Vorgehen der Schlüssel, um subjektive Personalentscheidungen zu verhindern. Besetzungen im Top-Management haben hohe Tragweite – sie erfordern eine entsprechend professionelle Vorgehensweise.“
(pi)