Wirtschaftsstandort Österreich fehlen Ambitionen

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Die multiplen Krisensituationen und die Arbeitsmarktsituation beeinträchtigt die Wettbewerbsfähigkeit und damit den Wirtschaftsstandort Österreichs. Österreich belegt momentan nur den zehnten Platz im Europa Ranking. Um den Anschluss zur Spitze nicht endgültig zu verlieren, braucht es laut Deloitte deshalb seitens der Politik rasche ambitionierte Schritte.

Österreich gilt immer noch als attraktiver Wirtschaftsstandort, doch in den wichtigsten internationalen Standortrankings verharrt die Alpenrepublik seit Jahren im Mittelfeld. Laut einer aktuellen Studie des Beratungsunternehmens Deloitte wird das langsam, aber sicher zu einem ernsthaften Problem für den Standort. Denn neben multiplen Krisen sägt die Arbeitsmarktsituation an der Wettbewerbsfähigkeit. Im Deloitte Radar Europa-Ranking, dem Durchschnitt der herangezogenen Indizes, belegt Österreich aktuell nur Platz 10 – mit keiner Aussicht auf eine Verbesserung in Richtung Top-Positionen.

Der Wirtschaftsstandort Österreich hält sich im globalen Wettbewerb solide, aber vergleichbare Standorte sind mit Abstand weiter vorne. Das Ziel sollten die Top 5 in Europa sein, dafür gibt es aber großen Handlungsbedarf: Vor allem der anhaltende Arbeitskräftemangel gepaart mit der anrollenden Pensionierungswelle bringt Herausforderungen mit sich, denen sich der Wirtschaftsstandort stellen muss“, fasst Harald Breit, CEO von Deloitte Österreich, das Ergebnis zusammen.

Personalmangel gefährdet den funktionierenden Arbeitsmarkt

Ein funktionierender Arbeitsmarkt gilt im internationalen Wettbewerb als zentraler Erfolgsfaktor. Die heimischen Führungskräfte unterstreichen das: Mehr als zwei Drittel sehen die Rolle des Arbeitsmarktes als sehr wichtig an. Laut den Befragten ist Österreich hier im europäischen Vergleich noch relativ gut aufgestellt: 39 Prozent vergeben für den Arbeitsmarkt ein „Sehr gut“ oder „Gut“. Der Großteil der Befragten (41 Prozent) rechnet allerdings mit einer negativen Entwicklung. „Es fehlt in Österreich an Ambition, das Problem des Personalmangels strukturell zu lösen. Das ist gefährlich, denn der Arbeitskräftemangel wird uns noch lange begleiten“, kommentiert Breit.

Klare Schwächen finden sich bei der Beschäftigung älterer Arbeitnehmer: 43 Prozent vergeben dafür ein „Genügend“ oder „Nicht genügend“. Auch die Attraktivität des Arbeitsmarktes für Expats lässt zu wünschen übrig.
Die Unternehmen haben klare Vorstellungen, was nun zu tun wäre: So halten 90 Prozent steuerliche Erleichterungen bei Zuverdienstmöglichkeiten in der Pension für wichtig, 86 Prozent fordern die Senkung der Lohnnebenkosten für Arbeitnehmende ab 60 Jahren. Ein weiterer Punkt ist die aktive Zuwanderungspolitik: 86 Prozent bewerten diese für Schlüsselbranchen als wichtig. Ein erleichterter Arbeitsmarktzugang für Geflüchtete hat die Zustimmung von 83 Prozent der Befragten.

„Die Unternehmen haben die wichtigsten Stellschrauben identifiziert: Neben gezielten Zuwanderungsprojekten braucht es umfassende Qualifizierungsoffensiven sowie Aus- und Weiterbildungskampagnen“, betont Elisa Aichinger, Partnerin im Consulting bei Deloitte Österreich. „Auch die flächendeckende Kinderbetreuung sowie die Flexibilisierung von Arbeitszeit und -ort müssen laut den Führungskräften angegangen werden.“

Hochsteuersystem wirkt sich negativ auf Arbeitsmarkt aus

Doch nicht nur am Arbeitsmarkt herrscht Handlungsbedarf. Neben Versäumnissen bei der Digitalisierung entwickelt sich Österreich auch beim Standortfaktor Staat und Unternehmen schlechter als im Vorjahr. Lediglich ein knappes Viertel der befragten Führungskräfte vergibt für das Wirtschaftswachstum ein „Sehr gut“ oder „Gut“, 2022 war es noch fast die Hälfte. Die überbordende Bürokratie gilt weiterhin als Hemmschuh. Auch die hohe Einkommensbesteuerung brennt unter den Nägeln – 59 Prozent der Unternehmen stellen dafür ein „Genügend“ oder „Nicht genügend“ aus.

„Die Abschaffung der kalten Progression war ein wichtiger Schritt, aber wir haben in Österreich ein Hochsteuersystem. Das wirkt sich negativ auf den Arbeitsmarkt aus. Mit derart hohen Kosten auf dem Faktor Arbeit werden wir die Personalressourcen aus anderen Ländern nicht anziehen können“, warnt Herbert Kovar, Managing Partner Tax & Legal bei Deloitte Österreich. „Auch besteht die Gefahr, dass internationale Unternehmen mit österreichischen Niederlassungen ins Ausland abwandern.“
Die Forderungen an die Politik sind klar: Neun von zehn Befragten fordern die Senkung der Lohnnebenkosten sowie weitere Steuersenkungen auf Einkommen.

Weiterhin hohe Lebensqualität maßgebend

Österreich schneidet jedoch im Bereich Infrastruktur weiterhin sehr gut ab, allerdings ist das Thema Versorgungssicherheit mit dem Ukraine-Krieg mehr in den Fokus gerückt. Jeweils rund 90 Prozent der befragten Unternehmen sehen den raschen Umbau des Energiesystems mittels erneuerbarer Energien, die Beschleunigung von Verfahren bei deren Ausbau und Investitionen in nachhaltige Verkehrssysteme deshalb als vorrangig an. Auch die hohe Lebensqualität ist immer noch ein Pluspunkt im internationalen Wettbewerb, beim sozialen Zusammenhalt und im Gesundheitssystem orten die Führungskräfte jedoch Rückschritte.

Verbesserung der positiven Stimmung

Allen Krisen zum Trotz hat sich die allgemeine Stimmung im Vergleich zum letzten Herbst gebessert: Aktuell nehmen 70 Prozent der Führungskräfte eine positive Stimmung im Management wahr, im Oktober 2022 waren es nur 42 Prozent“, ergänzt Harald Breit. „Das ist gewissermaßen Zweckoptimismus, aber auch das Vertrauen in die eigene Resilienz.“ Und abschließend: „Die Politik ist gefordert, die Rahmenbedingungen für Wirtschaft und Arbeitsmarkt zu verbessern. Der Optimisums in den Unternehmen ist da, er sollte mit bestmöglichen Rahmenbedingungen belohnt werden.“

(pi)

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