Remote Work, Viertagewoche und nun duale Führung: Die heimische Arbeitswelt befindet sich im Wandel. Derzeit steigt die Tendenz zur geteilten Spitze unter heimischen Führungskräfte und der Ansatz stößt auf hohe Bereitschaft. 65 % der Einzel-Führungskräfte wären laut einer Studie von PwC dazu bereit, sich die Verantwortung zu teilen.
Vor dem Hintergrund der COVID-19-Pandemie, neuen gesellschaftlichen Herausforderungen sowie den geänderten Anforderungen an die Arbeitswelt 4.0 zeigt sich eine klare Tendenz zu dualen Führungsmodellen, bei denen sich zwei Führungskräfte die Verantwortung aufteilen und gemeinsam als Vorgesetzte einer Organisationseinheit gleichberechtigt vorstehen.
Der Großteil (68 %) der Befragten dualen Führungskräfte erachtet das geteilte Führungssetting als sehr empfehlenswert bzw. empfehlenswert. Dieses ermöglicht nicht nur für Führungskräften selbst eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie und wirkt sich positiv auf ihre Gesundheit aus, sondern erschließt auch für Unternehmen immense Potenziale. Ausgehend davon würde auch die Mehrheit (65 %) der befragten Einzel-Führungskräfte, eine duale Führung in Erwägung ziehen. Das sind die Kernergebnisse der erstmals in Österreich qualitativ und quantitativ durchgeführten Studie „Duale Führung“ von PwC Österreich und ABZ*AUSTRIA – Verein zur Förderung von Arbeit, Bildung und Zukunft von Frauen, mit Unterstützung der Industriellenvereinigung.
„Duale Führung wird für die heimische Chefetage immer attraktiver und beliebter. Neben dem War for Talent, ESG-Vorschriften mit strengeren Frauenquoten sowie den veränderten Anforderungen jüngerer Generationen stellt auch die Epidemie der Einsamkeit einen wesentlichen Treiber des Modells dar. Traditionelle Führungsmodelle müssen neu gedacht werden, um Sinn bzw. Purpose als zentralen Kompass in diesen disruptiven Zeiten nutzen zu können. Das Konzept an sich ist nicht neu, jedoch war der Wunsch nach flexibleren Arbeitsmodellen nicht nur auf Mitarbeiter-, sondern auch auf Führungsebene noch nie so groß wie jetzt“, erklärt Nadia Arouri, Leiterin des People & Culture Consulting Teams bei PwC Österreich.
Effizienzsteigerung, Generationen-Wissenstransfer & Employer Branding
Zwar übt die Mehrheit (zwei Drittel) der befragten Führungskräfte ihre Funktion derzeit noch allein aus, aber bei 19 % wurde bereits über die Einführung des dualen Modells nachgedacht. „Geteilte Führung geht mit geteilter Verantwortung und doppelter Kompetenzbündelung einher. Deshalb können zwei Führungskräfte mit den Herausforderungen agiler Arbeitswelten effizienter umgehen. Zudem erweist sich das Modell als geeignete Maßnahme für das Generationen-Management – eine erfahrenere und eine Nachwuchsführungskraft können gegenseitig vom Wissensaustausch profitieren“, erklärt Marion Koidl, Leiterin der Organisationsberatung bei ABZ*AUSTRIA und Initiatorin der Studie.
Auch die Attraktivität des Unternehmens als Arbeitgebender durch das Angebot von dualen Führungsmodellen steigt um durchschnittlich 33 %. Dies kann unter anderem auf die verbesserte Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben zurückgeführt werden.
Duale Führung als geschlechtsunabhängiges Lebensphasenmodell
Die Studie bestätigt einen deutlichen Mehrwert der dualen Führung: Auf Seiten der Führungskräfte werden vor allem Entlastung, eine verbesserte Life-Work-Integration und Kompetenzbündelung als Vorteile genannt. Als deutlicher Mehrwehrt für das Unternehmen kristallisieren sich die Perspektivenvielfalt, hochwertigere Entscheidungen sowie die Arbeitgeberattraktivität heraus. Die Befragten geben an, dass diese positiven Faktoren langfristig Einsparungen im Ausmaß von rund 26 % der Ressourcen bzw. Kosten einbringen.
Auch in gesellschaftlicher Hinsicht bieten sich enorme Chancen: Duale Führungsmodelle können aufgrund ihrer besseren Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben wesentlich zur Förderung von Inklusion und Diversität auf Führungsebene beitragen. „Die duale Führung soll aber nicht als Frauenförderungsmodell, sondern als Lebensphasenmodell verstanden werden, das gleichberechtigt neben dem traditionellen Modell der Einzelführung steht“, so PwC-Expertin Arouri.
Erfolgsvoraussetzungen: Vertrauen, Kommunikation und keine Eitelkeiten
Als die wichtigsten Erfolgsfaktoren für ein duales Führungsmodell werden gegenseitiges Vertrauen (26 %), offene und transparente Kommunikation (22 %) sowie die Fähigkeit, sich „die Bühne teilen zu können“ (20 %) genannt. Die erfolgreiche Implementierung erfordert ein gutes Matching zwischen den Führungspersonen sowie regen Austausch.
„Mit dieser Studie stehen uns erstmals evidenzbasierte Daten zur Verfügung, die zeigen, dass der Abstimmungsaufwand durch die duale Führung nur minimal um 16 % steigt. Wir zeigen, dass duale Führung funktioniert, branchenunabhängig, und dass es durch die Kombination der unterschiedlichen Führungspersönlichkeiten auch zur Perspektivenvielfalt und dadurch zu Diversität innerhalb des Unternehmens kommt“, betont ABZ*-Expertin Marion Koidl.
„Wir wissen, dass Diversität einen positiven Effekt auf den Unternehmenserfolg hat. Unterschiedliche Lösungsansätze machen ein Unternehmen innovativer, resilienter und flexibler. Auch in der Führungsetage muss Diversität gelebt werden. Neue Führungsmodelle können aus Sicht der Industrie für das Führungsteam selbst, aber vor allem für die Unternehmen große Vorteile bringen“, so Claudia Mischensky, IV-Vize-Generalsekretärin.