IPCEI: Österreich beschleunigt Wasserstoffwirtschaft

Wasserstoffwirtschaft wird durch das EU-IPCEI maßgeblich gefördert. ©Christian Lue

Die Europäische Kommission genehmigte am 15. Juli das erste wichtige Vorhaben von gemeinsamem europäischem Interesse im Bereich Wasserstoff. Österreich beteiligt sich an diesem sogenannten IPCEI (Important Projects of Common European Interest) Hy2Tech mit Fokus auf Wasserstofftechnologien mit insgesamt vier hochinnovativen und vielversprechenden Projekten.

Bereits von Beginn an war Österreich an den intensiven Verhandlungen und auch an der Ausgestaltung der inhaltlichen Schwerpunktsetzung des ersten IPCEI Wasserstoff stark involviert. So unterzeichnete Klimaschutzministerin Leonore Gewessler bereits im Dezember 2020 gemeinsam mit 22 weiteren Mitgliedstaaten der EU und Norwegen ein Manifest für die Entwicklung der europäischen Wertschöpfungskette für Wasserstoff-Technologien und –Systeme sowie auch eine Zusatzdeklaration, die auf die Produktion und Nutzung von erneuerbarem Wasserstoff fokussiert. Neben dem nun genehmigten IPCEI Hy2Tech ist Österreich noch in der finalen Phase für ein zweites IPCEI im Bereich Wasserstoff mit einem Fokus auf industrielle Anwendung (IPCEI Hy2Use) – für beide Projekte stehen über die Europäische Aufbau- und Resilienzfazilität (ARF) in Summe 125 Mio. EUR zur Verfügung.

Die Ziele der IPCEI

Am europäischen Gesamtvorhaben des IPCEI Hy2Tech beteiligen sich insgesamt 41 Projekte von 35 Unternehmen aus 15 Mitgliedstaaten der Europäischen Union. Die involvierten Mitgliedstaaten schütten Beihilfen in Höhe von mehr als 5,4 Milliarden Euro aus, die über die nächsten Jahre insgesamt zusätzlich 8,8 Milliarden Euro an privaten Investitionen auslösen werden.

Das Vorhaben verfolgt das Ziel, eine wettbewerbsfähige, innovative und nachhaltige europäische Wasserstoff-Wertschöpfungskette aufzubauen. Der Fokus liegt auf der Förderung von hochinnovativen Projekten entlang der gesamten Wettschöpfungskette – von der Entwicklung und der Hochskalierung neuer hocheffizienter Elektrolyseprozessen und Brennstoffzellensystemen über innovative Speicher und Transporttechnologien bis zur Nutzung von Wasserstoff in Industrie und schwer zu elektrifizierenden Bereichen im Mobilitätssektor (u.a. Schwerverkehr, Schifffahrt, Luftfahrt). Das Vorhaben steht somit auch voll im Einklang mit der im vergangenen Juni veröffentlichten nationalen Wasserstoffstrategie.

„Grüner Wasserstoff ist ein wichtiger Baustein für Klimaschutz und Energieunabhängigkeit. Dabei geht es um große Investitionen und wichtige Innovationen. Diese Entwicklung unterstützen wir mit voller Kraft. Ich freue mich sehr, dass im ersten IPCEI Wasserstoff vier vielversprechende Projekte aus Österreich zum Zug kommen. Sie zeigen vor, wie wir die klimaneutrale Transformation unserer Wirtschaft gestalten und dabei unseren Standort fit für die Zukunft machen“, betont Klimaschutzministerin Leonore Gewessler.

„Mit dem Ausbau der Wasserstoffwirtschaft ermöglichen wir nachhaltiges Wachstum und stärken damit auch den Innovationsstandort. Die Genehmigung der Europäischen Kommission für das österreichische Unternehmenskonsortium stellt die Weichen für eine sichere Energieversorgung der heimischen Industrie und trägt zu einer Reduktion der Abhängigkeit von fossilen Energiequellen bei. Diese Entwicklung hin zur Dekarbonisierung der Wirtschaft wird sich auch spürbar auf den Arbeitsmarkt auswirken und bietet ein hohes Beschäftigungspotenzial“, so Arbeits- und Wirtschaftsminister Martin Kocher.

Ein Schritt Richtung nachhaltiger Zukunft

Diese Projekte sollen dazu beitragen, die strategische Positionierung Österreichs und Europas als Industrie-, Forschungs- und Entwicklungsstandort für die Herstellung und Nutzung von erneuerbaren Wasserstoff weiter zu stärken. Mit dem IPCEI Hy2Tech soll auch die Erholung der europäischen Wirtschaft im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und der wirtschaftlichen Konsequenzen des russischen Angriffskriegs durch die Nutzung sauberer und nachhaltiger Technologien erfolgen und ist ein zentraler Punkt der Europäischen ARF. Darin wird Wasserstoff als ein wesentlicher Bereich hervorgehoben, in dem Investitionen zur Schaffung nachhaltiger Arbeitsplätze und Wachstum freigesetzt werden können.

Das Bundesministerium für Klimaschutz, Umwelt, Energie, Mobilität, Innovation und Technologie (BMK) stellt gemeinsam mit dem Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft (BMAW) für alle Projekte im IPCEI Wasserstoff Beihilfen in der Höhe von 125 Millionen Euro aus der Europäischen ARF bis 2026 bereit. Bereits seit dem Start der Verhandlungen zum IPCEI Hy2Tech wurden die vier nominierten Projekte von Experten der Ministerien gemeinsam mit dem Austria Wirtschaftsservice (aws) und der Österreichischen Forschungsförderungsgesellschaft (FFG) engmaschig begleitet und unterstützt. Nun soll in weiterer Folge gemeinsam rasch an der erfolgreichen Umsetzung der vier Einzelprojekte gearbeitet werden.

Beteiligte österreichische Unternehmen

AVL entwickelt den weltweit ersten 1-MW- Hochtemperaturelektrolyseur auf Basis metallgestützter Zellen (MSCs) bis zur Serienreife. Dadurch kann erneuerbarer Wasserstoff mit deutlich höherem Wirkungsgrad und somit kosteneffizienter hergestellt werden, als es mit derzeit verfügbaren Technologien möglich ist. Mit der Integration dieses Systems in verschiedenste Industriezweige leistet das Projekt einen erheblichen Beitrag zur Dekarbonisierung des Energie- und Industriesystems.

Christof Industries industrialisiert den weltweit ersten 1-MW-Hochtemperaturelektrolyseur auf Basis metallgestützter Zellen (MSCs) und leitet diesen in eine Serienproduktion über. Dadurch kann erneuerbarer Wasserstoff deutlich kosteneffizienter und mit höherem Wirkungsgrad hergestellt werden, als es mit derzeit verfügbaren Technologien möglich ist. Mit der Integration dieses Systems in verschiedenste Industriezweige leistet das Projekt einen erheblichen Beitrag zur Dekarbonisierung des Energie- und Industriesystems.

Bosch entwickelt und fertigt in Österreich Einspritzausrüstungen für Großmotoren. Die weltweiten Anwendungsfelder umfassen dabei Schifffahrt, dezentrale Energieerzeugung, Lokomotiven- und Industrieanwendungen. Um die Unabhängigkeit des Großmotorensektors von fossilen Energieträgern maßgeblich voranzutreiben, entwickelt Bosch im Zuge des Projekts eine neue Generation von Einspritzausrüstung zur Nutzung alternativer Kraftstoffe wie Wasserstoff und Methanol.

Plastic Omnium New Energies Wels wird im Projekt ein Wasserstoff-Brennstoffzellensystem für schwere Nutzfahrzeuganwendungen (Lkw, Bus, etc.) als serienfähiges Produkt und den dafür notwendigen Produktionsprozess entwickeln. Innovationen bei Komponenten, im Prozess und in der Betriebsstrategie der Brennstoffzelle sollen den Wirkungsgrad, die Lebensdauer und die Umweltfreundlichkeit im Lebenszyklus steigern. Durch Anwendung und Übertragung von Fertigungsprozessen aus der Autoindustrie und den Einsatz von modernen Automatisierungs- und Digitalisierungstechnologien sollen sowohl die Herstellkosten als auch die Entwicklungszeit bis zur Alltagstauglichkeit entscheidend verkürzt werden.

Über IPCEI

Das Instrument IPCEI soll grundsätzlich die Bildung von großen europäischen Konsortien ermöglichen, die mithilfe von staatlichen Beihilfen und privaten Investitionen innovative und nachhaltige Einzelprojekte in Schlüsselbereichen der europäischen Industrie durchführen. IPCEI-Beihilfen sind an strenge Auflagen geknüpft, die gewährleisten sollen, dass das gewonnene Knowhow möglichst umfassend verbreitet wird und so positive Spillover-Effekte für die europäische Wirtschaft, Wissenschaft und Gesellschaft erreicht werden. Bislang ist Österreich an einem IPCEI im Bereich der Batterieindustrie und einem IPCEI im Bereich der Mikroelektronik-Wertschöpfungskette aktiv beteiligt. Derzeit streben das BMK gemeinsam mit dem BMAW zudem auch Teilnahmen an einem zweiten IPCEI Wasserstoff mit einem Fokus auf Anwendungen von erneuerbaren Wasserstoff in der Industrie (Hy2Use) und an einem weiteren IPCEI im Bereich der Mikroelektronik-Industrie an. Darüber hinaus läuft aktuell eine Bedarfserhebung für eine etwaige österreichische Teilnahme an IPCEI Photovoltaik. (pi)

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