Unsicherheiten auf regionaler sowie globaler Ebene verunsichern Stakeholder des Immobiliensektors. Die größten Herausforderungen stellen die hohe Inflationsrate, Zinsbewegungen und das schwache Wirtschaftswachstum dar. Die Entwicklungen machen einen mittelfristigen Rückgang der Immobilienwerte sowie Finanzierungsquellen unumgänglich. London, Paris und Berlin gelten als attraktivste Standorte für Immobilieninvestoren in Europa. Wien belegt Platz 12. Zu diesen Ergebnissen kam der neue Bericht aus der Reihe Emerging Trends in Real Estate – Europe von PwC und dem Urban Land Institute.
Die Aussichten für die Wirtschaft sowie den Immobiliensektor haben sich rapide verschlechtert. Sieben von zehn Experten aus der Immo-Branche glauben, dass Europa noch vor 2023 in eine Rezession schlittern wird. Dies ist eines der Kernergebnisse der diesjährigen Studie Emerging Trends in Real Estate 2023 – In the Eye of the Storm, welche bereits zum 20. Mal vom Beratungsunternehmen PwC in Kooperation mit dem Urban Land Institute (ULI) veröffentlicht wird.
Herausforderungen und Unsicherheiten
Mit 91 Prozent ist die meistgenannte Herausforderung des Immobiliensektors die Inflation, dicht gefolgt von den Zinsbewegungen (89 Prozent) und dem schwachen Wirtschaftswachstum in Europa (88 Prozent). Die politische Unsicherheit auf globaler und regionaler Ebene bereitet ebenfalls große Sorge. Bei den Faktoren, die konkret die Immobilienwirtschaft betreffen, stehen die stark gestiegenen Baukosten (92 Prozent) sowie die Verfügbarkeit von Ressourcen (84 Prozent) ganz oben auf der Liste. Diese beiden Aspekte werden von den Immobilienmanagern als längerfristige Herausforderung gesehen: Rund drei Viertel der Befragten stellen sich auf entsprechende Kosten- bzw. Ressourcenprobleme über die nächsten drei bis fünf Jahre ein.
„Ein Sommer der Unsicherheiten ist in einen Herbst mit negativeren Prognosen übergegangen. Die Antworten der Befragten deuten darauf hin, dass für 2023 steigende Renditen und damit sinkende Immobilienwerte zu erwarten sind. Es herrscht allerdings Konsens, dass die Marktanspannungen nicht annähernd die Ausmaße wie bei der globalen Finanzkrise 2007 erreichen dürften. Der Zinsanstieg wird aber dennoch für gravierende Auswirkungen am Markt sorgen“, ordnet Marius Richter, Partner und Real Estate Leader bei PwC Österreich, die Studienergebnisse ein. In puncto Immobilienentwicklung gaben die Befragten an, dass für das nächste Jahr vorgesehene Projekte vorerst auf 2024 geschoben oder ganz aufgegeben werden könnten. Die dadurch sinkende Neubauleistung wird von einigen Branchenexperten jedoch als positiv für Bestandsobjekte und deren Bestandshalter gewertet.
Zeitverzögerung am heimischen Immo-Markt
„Der österreichische Immobilienmarkt reagiert tendenziell sehr zeitverzögert auf die globalen Real Estate Trends. Heimische Immobilien-Fachleute haben jedoch die Herausforderungen der Marktsituation erkannt. Gepaart mit den Erfahrungen vergangener Krisen bereiten sie sich energisch auf die kommenden Monate und Jahre vor. Darüber hinaus haben viele Branchenführer erkannt, dass die wichtigen Zukunftstrends ESG, Digitalisierung und Deglobalisierung auch Chancen bieten“, ergänzt Peter Fischer, Real Estate Leader bei PwC Österreich.
Branche erwartet Rückgang von zur Verfügung stehenden Finanzquellen
Nach Jahren der Niedrigzinspolitik ist die Branche nun mit steigenden Zinssätzen konfrontiert. Das Vertrauen in die Verfügbarkeit von Eigen- und Fremdkapital ist auf dem niedrigsten Stand seit der Finanzkrise. So dürften denn auch nach Ansicht der Befragten die internationalen Kapitalströme nach Europa eher ab- als zunehmen. Am negativsten werden die Aussichten für Fremd- und Eigenkapital zur Projektfinanzierung (70 Prozent bzw. 63 Prozent erwarten hier einen Rückgang) sowie für Fremdkapital zur Refinanzierung oder Realisierung von Neuinvestitionen (64 Prozent rechnen mit einem Rückgang) beurteilt. „Seit der Durchführung der Befragungen im Sommer ist die Besorgnis der Branche noch größer geworden. Es gibt jedoch weiterhin viel Kapital, das darauf wartet, investiert zu werden. In Zeiten der Unsicherheit sind neben der richtigen Bestandsauswahl ein starker Fokus auf ESG-Kriterien, operative Fähigkeiten und Kundenorientierung ausschlaggebend“, so Jasmin Soravia, Chair von ULI Austria.
London als attraktivster Standort für Immobilieninvestoren
Die Studie beinhaltet wie in den Vorjahren ein Ranking, das auf der Einschätzung der befragten Immobilienmanager:innen zu den attraktivsten europäischen Investitionsstandorten basiert. Berücksichtigt werden unter anderem die Zukunftsaussichten der Städte in puncto Rendite und Entwicklung. London steht das zweite Jahr in Folge an der Spitze, gefolgt von Paris und Berlin, die die Plätze vom vergangenen Jahr getauscht haben. Wien belegt den 12. Platz und behält damit dieselbe Position wie im Vorjahr.
Studienpräsentation im Wiener DC Tower
Das Who is Who der österreichischen Immobilienbranche versammelte sich am gestrigen Dienstag zur Präsentation der Studienergebnisse sowie zur anschließenden Diskussionsrunde im PwC-Headquarter im Wiener DC Tower. Auch die Podiumsdiskussion stand im Zeichen des Wandels. So diskutierten die Experten Peter Fischer, Real Estate Leader bei PwC Österreich, Susanne Steinböck, Group Head of Corporate Communications and Sustainability der CA Immo, Martina Maly-Gärtner, COO von UBM Development und Jenni Wenkel, CIO, Union Investment Austria über die Bedenken und Chancen, denen die Branche 2023 begegnen wird