Seit neun Jahren arbeitet NTT als Technologiepartner der Tour de France daran, den Fans innovative Erlebnisse zu liefern und die Rennorganisation digital zu transformieren. Wie das umgesetzt wird, erklärt Roman Oberauer, Country Managing Director von NTT Ltd. in Österreich, in seinem Gastbeitrag.
Die Tour de France ist das härteste und wohl bekannteste Radrennen der Welt. Radsportfans wie ich erhalten mittlerweile nicht nur im TV detaillierte Einblicke. Dank Live-Trackings können via App in Echtzeit Daten über das Renngeschehen und aktuelle Zwischenzeiten auf der aktuellen Etappe abgerufen werden. Außerdem hat man Zugriff auf die Telemetriedaten der Fahrer und kann schon vorab die genau kalkulierten Durchfahrtszeiten für jeden Punkt der Strecke abfragen. Der Schlüssel dafür ist ein von NTT erstelltes digitales Abbild des gesamten Rennens, das auch den Teams bei der Planung der Renntaktik hilft und dem Veranstalter A.S.O. die Organisation des Mega-Events erleichtert.
Die Sportler gehen bei der Tour an ihre Grenzen: Nicht nur jeder einzelne Fahrer vollbringt tagtäglich Höchstleistungen, auch den vielen Menschen hinter den Kulissen, die für einen reibungslosen Ablauf der Veranstaltung sorgen, verlangt die Tour einiges ab. Jeden Tag werden rund 6.000 Absperrungen aufgebaut und mehr als 4.000 Warnschilder angebracht. Täglich werden Zielareale errichtet, die mit Presse- und VIP-Bereichen, Fanzonen und den Teamplätzen teilweise bis zu sieben Hektar groß sind. Dazu kommen hunderte Fahrzeuge, Motorräder, Hubschrauber und Flugzeuge für die Übertragung des Rennens und die Logistik, die stets zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein müssen.
Gleichzeitig zur physischen Tour existiert das Rennen als virtuelles Modell mit allen zugehörigen Abläufen. Für diesen Digitalen Zwilling stattet NTT alle Räder, Fahrzeuge und Geräte mit IoT-Sensoren aus und setzt zahlreiche Kameras ein, um Millionen von Datenpunkten zu erfassen und mit Hilfe von Edge-Computing-Lösung in Echtzeit auszuwerten – selbst in den entlegenen Hochgebirgsregionen. Dabei kommen auch leistungsstarke Netzwerktechnologien und Cloud-Plattformen zum Einsatz, so dass IoT-Rohdaten mit externen Datenquellen angereichert und umfangreichen KI- und ML-Analysen unterzogen werden konnten. Die von NTT aufbereiteten Informationen helfen Teams und Renndirektion beispielsweise zu entscheiden, wann und wo Fahrzeuge am besten am Peloton vorbei zu einer Spitzengruppe vorfahren können, oder die Fahrer vor Hindernissen auf der Strecke zu warnen. Herzstück der Datenerfassung sind die Fahrräder selbst. Via Geolocation werden über Funknetzwerke konstant Positions- und Geschwindigkeitsdaten an die Begleitfahrzeuge geliefert und weiter von einem Edge-System verarbeitet.
Heuer wird auch erstmals ChatGPT in die KI-gestützte Plattform von NTT integriert, die die Basis für die digitale Assistentin „Marianne“ darstellt. Sie beantwortet Fragen und kann so das Fanerlebnis noch weiter verbessern. Für die Tour wurde die Plattform speziell mit relevanten Renninformationen trainiert.
Letztlich vermag der Veranstalter mit dem Digitalen Zwilling, alle wichtigen Standorte, Anlagen und das Veranstaltungsgeschehen zu überwachen und einen sicheren Ablauf sicherzustellen. Er kann die Zuschauermassen steuern und etwa Besucher in noch freie Bereiche lotsen.
Ähnliches könnte ich mir auch für große Sportveranstaltungen in Österreich vorstellen, zum Beispiel dem Vienna City Marathon oder dem Wings for Life Run. Durch einen digitalen Zwilling ähnlich der Tour de France könnte man beispielsweise die Taktung öffentlicher Verkehrsmittel entsprechend der Besuchermassen in gewissen Zeitintervallen erhöhen oder auch die Zuschauerinnen und Zuschauer in der Strecke optimal verteilen, so dass überall genügend Fans den Sportlerinnen und Sportlern zujubeln
Bei der Tour de France wird die Informationsfülle für uns Fans nicht nur durch die vielen Einblendungen während der Fernsehübertragung sichtbar, sondern auch durch das offizielle Live-Tracking im webbasierten „Race Center“, die beeindruckenden 3D-Ansichten von Etappen und Rennverlauf in der für Android und iOS verfügbaren App „Le Tour 3D Tracker“ und die spannenden Statistiken auf dem Twitter-Kanal @LeTourData. Die Zeiten, in denen wir lange über den Verbleib einzelner Fahrer rätseln und Zeitabstände von den Kreidetafeln der Begleitmotorräder ablesen mussten, sind endgültig vorbei.
Ähnlich komplex wie bei der Tour sind die Abläufe unter anderem in der Fertigungsindustrie, dem Energiesektor, der Logistikbranche und dem Gesundheitswesen. Auch dort können Digitale Zwillinge Echtzeiteinblicke in Prozesse liefern, bei der vorausschauenden Planung und Reaktionen auf disruptive Ereignisse helfen und bei Optimierungen unterstützen.