Hohes Zinsniveau, hartnäckige Inflation und geopolitische Spannungen haben 2023 ihre Spuren an den europäischen Aktienmärkten hinterlassen. Während die unvorteilhaften Gegebenheiten auf die Handelsaktivität drückten, verbuchte die Wiener Börse ein Rekordjahr bei Anleihen-Listings.
Mit der AUSTRIACARD HOLDINGS AG und der EuroTeleSites AG gab es zwei neue Listings im Top-Segment prime market. Der direct market plus für KMU wuchs mit der Notierung der RWT AG ebenfalls. Zudem führten mit Wolford AG, BKS Bank AG, Lenzing AG und Kapsch TrafficCom AG vier Unternehmen eine Kapitalerhöhung zur Beschaffung von Eigenkapital durch.
„Das Jahr 2023 ist aus zweierlei Perspektive zu betrachten. Einerseits haben fordernde konjunkturelle Rahmenbedingungen Unternehmen wie Investoren und somit die Handelsaktivität belastet. Andererseits konnten wir im Verwahrgeschäft in Prag, bei den IT-Dienstleistungen, über das Datengeschäft hin zu Anleihen-Listings unsere Pläne unvermindert fortsetzen. Das Gesamtergebnis wird daher dem der vergangenen beiden Rekordjahre entsprechen“, fasst Börse-Vorstand Christoph Boschan zusammen.
Märkte mit geringer Volatilität
Nachdem die Covid-19-Pandemie und der Ausbruch des Russland-Ukraine-Krieges in den vergangenen zwei Jahren für außerordentlich hohe Handelsaktivität sorgten, bewegten sich die Märkte heuer mit geringerer Volatilität. Für das Jahr 2023 wird ein Aktienumsatz von 54,6 Milliarden Euro prognostiziert. Die drei stärksten Handelstage im Jahr 2023 waren der 15. Dezember (651,2 Millionen Euro), 17. März (640,3 Millionen Euro) und 15. September (618,4 Millionen Euro. Die umsatzstärksten Aktien waren mit Stand vom 21. Dezember Erste Group Bank AG (9,7 Milliarden Euro), OMV AG (7,9 Milliarden Euro) und Verbund AG (4,9 Milliarden Euro). Das Jahr 2023 umfasste 254 Handelstage, im kommenden Jahr 2024 wird in Wien wiederum an 254 Tagen gehandelt.
Mit der Barclays Bank Ireland PLC konnte die Wiener Börse ein neues Handelsmitglied gewinnen. Insgesamt sind derzeit 69 Mitglieder, darunter 21 österreichische und 48 internationale Banken und Wertpapierfirmen, für den Handel an der Wiener Börse berechtigt. Die internationalen Handelsmitglieder generieren rund 86 Prozent des Aktienumsatzes in Wien. Ein großer Teil des Umsatzes stammt aus Deutschland (48,7 Prozent), Frankreich (21 Prozent) und Irland (10,9 Prozent).
Anleihen-Rekordjahr von 2021 übertroffen
Mit einem Rekordjahr festigte der Vienna MTF seine Spitzenreiter-Rolle unter den börsenregulierten Märkten in Europa. Im Jahr 2023 wurden über 8.000 neue Anleihen am Handelsplatz Wien aufgenommen, was einer deutlichen Steigerung gegenüber dem bisherigen Rekordjahr 2021 (7.082) entspricht. Zudem wurde im Vienna ESG Segment für nachhaltige Anleihen erstmals die Marke von 100 Listings überschritten. Insgesamt betreut die Wiener Börse 900 aktive Anleihen-Emittenten aus 37 Ländern.
Anstieg des ATX Total Return
Der ATX Total Return (inklusive Dividenden) stieg im Verlauf des Jahres um 14,74 Prozent und notierte am 28. Dezember bei 7.569,56 Punkten (ATX ohne Dividenden +9,20 Prozent, 3.414,06 Punkte). Der fortdauernde Krieg in der Ukraine führte zu einer Zurückhaltung der internationalen Investoren und damit zu einer gedämpften Kursentwicklung. Aufgrund der starken Vernetzung in Zentral- und Osteuropa war dies für österreichische Unternehmen besonders spürbar.
Nach Kursgewinnen waren Immofinanz AG (75,99 Prozent), EVN AG (67,75 Prozent) und Telekom Austria AG (52,98 Prozent) per 21. Dezember die Top-Performer unter den ATX-Titeln im Jahr 2023. Die Marktkapitalisierung aller in Wien gelisteten Unternehmen belief sich zu diesem Zeitpunkt auf 124,9 Milliarden Euro.
„Die kriegsbedingte Vorsicht der internationalen – speziell US-amerikanischen – Investoren hat den gesamten europäischen Aktienmarkt erfasst. Österreichische Unternehmen bekamen dies durch die ausgeprägte Geschäftstätigkeit in der CEE-Region überproportional zu spüren. Darin liegt aber zugleich auch die Chance, denn Zentral- und Osteuropa bleibt eine verlässliche Wachstumsregion und die österreichischen Leitbetriebe werden davon künftig auch wieder unmittelbar profitieren“, so Boschan.
(pi)