Länderrisiko: Globale Konjunktur schwächt sich ab

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Die globale Konjunktur schwächelt. Mit einer Prognose von nur 2 Prozent Wachstum könnten besonders in West- und Zentraleuropa wirtschaftliche Probleme anhalten. Weiters bleibt die Inflation eine Herausforderung. Während einige Zentralbanken die Zinsen erhöht haben, könnte der Höhepunkt der Zinserhöhungen erreicht sein.

Es besteht kaum mehr ein Zweifel daran, dass sich die globale Konjunktur in diesem Jahr spürbar abschwächen wird. Laut einer aktuellen Prognose wird die Weltwirtschaft um zwei Prozent wachsen, im Vergleich zu drei Prozent im Vorjahr und sechs Prozent im Jahr 2021. In West- und Zentraleuropa wird die Wirtschaftsleistung voraussichtlich sogar nur um ein Prozent zulegen. In Deutschland deuten die fortlaufenden Rückgänge wichtiger Wirtschaftsindikatoren sowie die sich verschlechternde Stimmung in den Unternehmen darauf hin, dass die konjunkturelle Schwächephase länger anhalten könnte als in anderen westlichen Industriestaaten. Zur Verunsicherung in Deutschland tragen außerdem die verstärkten politischen Divergenzen bei.

Kerninflation ist in vielen Ländern weiterhin ein Problem

Was die Inflation betrifft, haben die Notenbanken in der Summe gute Arbeit geleistet. Durch eine angemessene Straffung der Geldpolitik gelang es ihnen, die Gesamtinflationsrate im Vergleich zum Vorjahr deutlich zu senken. Noch nicht gelöst ist indes in vielen Ländern und Regionen das Problem mit der Kerninflation.

Bei dieser Teuerungskennziffer werden unter anderem die Energie- und Lebensmittelpreise nicht berücksichtigt. Ungeachtet dessen könnte bei der Gesamtinflation neues Ungemach drohen. Zum einen, weil Russlands Schwarzmeer-Blockade für ukrainisches Getreide das Angebot verknappt. Zum anderen, weil Extremwetterereignisse infolge des El Niño-Phänomens zu Ernteausfällen führen könnten. Beides könnte die Lebensmittelpreise weiter steigen lassen. Und auch beim Thema Energie haben die Gefahren zugenommen. So sind die Ölpreise infolge der Produktionskürzungen der OPEC+ sowie einer rückläufigen US-amerikanischen Bohrinselproduktion wieder gestiegen.

Höhepunkt bei den Leitzinsen naht

Auch wenn die Inflation noch nicht gebannt ist, dürfte – global gesehen – der Höhepunkt bei den Leitzinsen erreicht oder zumindest nahe sein. Zuletzt hat die Bank of England (BoE) den Leitzins um 25 Basispunkte angehoben und es damit der US-Notenbank Fed sowie der Europäischen Zentralbank (EZB) gleichgetan, die einen entsprechenden Zinsschritt bereits Ende Juli beschlossen haben.

Gefahr bezüglich einer Stagflation

Wie es bei der Geldpolitik weitergeht, hängt von den wirtschaftlichen Gegebenheiten in den einzelnen Märkten ab. Was die westlichen Industrieländer betrifft, erwartet so mancher Marktbeobachter, dass die Notenbanken bald auf einen Zinssenkungszyklus umschwenken könnten. Gegen diese Erwartungen sprechen jedoch die gute Beschäftigungslage auf den Arbeitsmärkten sowie die unzureichenden Fortschritte bei der Bekämpfung der Kerninflation. In Europa inklusive des Vereinigten Königreichs hat die Gefahr eines Abgleitens in die Stagflation zugenommen. Zumindest ist man einem solchen Szenario sehr nahegekommen. In den USA hat sich die Wirtschaft dagegen bislang als vergleichsweise robust erwiesen.

China kämpft mit rückläufigen Exporten und einer nachlassenden Binnennachfrage

Anders als die Industrieländer haben einige Schwellenmärkte wie Brasilien, Vietnam und Chile bereits Zinssenkungen vorgenommen. Das gleiche gilt für China. Die Volksrepublik kämpft mit rückläufigen Exporten und einer nachlassenden Binnennachfrage. Mit Zinssenkungen und Konjunkturprogrammen will Peking Konsum und Investitionen wieder ankurbeln. Die handels- und machtpolitischen Spannungen mit den USA sind ein nicht zu unterschätzender Risikofaktor.

Der neueste Akt in diesem Wirtschaftskrimi sind Exportkontrollen für Gallium und Germanium, kürzlich eingeführt wurden. Diese Industriemetalle spielen in der Halbleiterproduktion eine wichtige Rolle. Obwohl sowohl Washington als auch Peking nach wie vor Gesprächsbereitschaft zeigen, sind Ausfuhrbeschränkungen ein genereller Risikofaktor für Lieferketten und Geschäftsklima. Vor diesem Hintergrund wurde das Environment-Risk-Rating für China in der Kategorie „Angebotsrisiko“ („Supply“) gesenkt. Eine Herabstufung gab es unter anderem auch für Mexiko, und zwar in den Kategorien „Marktrisiko“ („Market“) und „Politisches Risiko“ („Political“). Auslöser dafür sind die hohe Inflation und die Enteignung einer privatwirtschaftlich betriebenen Bahnstrecke.

(pi)

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