Diversity, Equity & Inclusion gewinnen in Österreichs Arbeitswelt zunehmend an Bedeutung. Die Mehrheit der jungen Generation befürwortet Vielfalt, viele Unternehmen setzen sie gezielt als Innovations- und Erfolgsfaktor ein. Studien zeigen: Divers aufgestellte Betriebe sind profitabler, kreativer und zukunftsfähiger.
„Vielfalt statt Einfalt“ – ein Motto, dem die Mehrheit der jungen Österreicher – Millennials und Generation Z – zustimmen. Rund 77Prozent meinen, dass „alle Talente, sowohl männliche als auch weibliche, genutzt werden müssen, damit die Gesellschaft vorankommt“. Rund 64 Prozent stimmen der Aussage zu, dass Vielfalt Teams bereichert und es diesen ermöglicht, ehrgeizigere Ziele zu erreichen.
Eine Studie der Online-Plattform karriere.at zeigt, dass das Thema Diversity auch in Österreichs Unternehmen immer wichtiger wird. Mit dem UNO-Welttag der kulturellen Vielfalt am 21.5. und dem deutschen Diversity Tag am 27.5. wird gleich an zwei Mai-Tagen die Vielfalt der Menschen in den Mittelpunkt der Öffentlichkeit gerückt.
Europas Uhren ticken anders
DE&I (Diversity, Equity & Inclusion) mag für die aktuelle US-Administration ein „No Go“ sein, in Europa und Österreich ticken die Uhren allerdings ganz anders. Bei der Mehrheit der heimischen Unternehmen hat Diversität, Gleichstellung, Inklusion und Zugehörigkeit (Englisch: „Diversity, Equity, Inclusion and Belonging“, kurz „DEIB“) einen hohen Stellenwert. In einer Umfrage von karriere.at unter rund 400 Personalverantwortlichen gaben mehr als die Hälfte (53 Prozent) an, dass DEIB einen sehr großen bzw. großen Stellenwert hat, nur fünf Prozent der Befragten meinen, dass dieses Thema in ihrem Unternehmen gar keine Relevanz hat. Im aktuellen Arbeitsmarktreport heißt es dazu: „Österreichs Gesellschaft wird diverser. Im Kontext des Fachkräftemangels offenbart sich durch diese Vielfalt ein bis jetzt unzureichend genutztes Potenzial an Arbeitskräften.“ Und weiter: „Immer mehr Arbeitgeber bemühen sich um Bewerbungen dieser Personengruppen, etwa mit Hinweisen auf die Förderung von Diversität im jeweiligen Betrieb.“
Vielfalt fördert Kreativität
Eines der Unternehmen, das Vielfalt als integralen Bestandteil seiner Unternehmenskultur sieht, ist WienIT, Tochter und digitales Rückgrat der Wiener Stadtwerke-Gruppe. Die aktuell rund 650 Mitarbeiter stammen aus 25 Nationen, der Frauenanteil im Top-Management liegt bei rund 50 Prozent. Das Thema Diversität wird nicht nur im Unternehmen, sondern auch in den Projektgruppen gelebt. Der Grund: Ein Team mit vielfältigen Mitgliedern birgt in der Entwicklung immense Vorteile. Die Team-Member bringen unterschiedliche Perspektiven und Erfahrungen ein. Herkunft, Geschlecht, Alter, Fähigkeiten – die Teams sind breit aufgestellt, das Miteinander fördert die Kreativität. „Letztendlich führt dies für unsere User*innen zu einem verbesserten Nutzungserlebnis“, erklärt Florence Adegeye, Barrierefreiheitsbeauftragte bei WienIT. Bei den von WienIT entwickelten Webanwendungen wird besonderes Augenmerk auf das Thema Zugänglichkeit (Accessibility) gelegt. „Barrierefreiheit und digitale Services sind nicht voneinander zu trennen. Für Menschen mit Behinderungen ist es wesentlich, dass Anwendungen barrierefrei sind, um ein selbstbestimmtes Leben zu führen“, sagt Adegeye.
Studie: Diversity fördert Profitabilität
Die international tätige Unternehmensberatung McKinsey kommt in ihrer Studie „Diversity matters even more“ (2024) zum Schluss, dass Diversity einen positiven Einfluss auf den Unternehmenserfolg hat. Unternehmen mit mehr Frauen in Führungspositionen haben weltweit eine um 39 Prozent höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein, als Unternehmen mit der geringsten Diversität. In Europa ist der Diversitäts-Bonus mit einer um 62 Prozent erhöhten Wahrscheinlichkeit sogar noch deutlich stärker ausgeprägt.
Das globale Logistikunternehmen Dachser teilt diese Überzeugung. Heda Kilic, Leitung Customer Service bei Dachser European Logistics, unterstreicht die persönliche und unternehmerische Bedeutung von Vielfalt: „Vielfalt bedeutet für mich, sowohl als Mutter als auch als Führungskraft meinen Platz zu finden – ohne Kompromisse. In der Welt der internationalen Transporte sind unterschiedliche Perspektiven und interkulturelle Zusammenarbeit essenziell. Ein diverses und inklusives Arbeitsumfeld stärkt unser Team und ermöglicht es uns, globale Herausforderungen gemeinsam zu meistern.“
Auch Tietoevry Austria ist überzeugt, „dass diverse Teams die besten Ideen und Innovationen hervorbringen“, wie Catharina Christian, Recruitment Specialist von Tietoevry Austria, bestätigt. Beim Digitalisierungs-Dienstleister arbeiten in Österreich rund 300 Menschen aus 21 verschiedenen Nationen zusammen, mit einem für die IT-Branche hohen Frauenanteil von 25 Prozent, unterstützt von einer Teilzeitquote von knapp 23 Prozent. „Bei Tietoevry leben wir Vielfalt und Inklusion mit Leidenschaft. Um die individuellen Bedürfnisse unserer Mitarbeiter zu unterstützen, bieten wir flexible Arbeitszeiten, unbegrenzte Home-Office-Möglichkeiten und Teilzeitoptionen an. Zudem setzen wir uns aktiv für einen höheren Frauenanteil in der IT ein und fördern Initiativen zur Sensibilisierung für Neurodiversität“, erklärt Christian.
Familienunternehmen mit Mitarbeitern aus 28 Nationen
Das Familienunternehmen RAINER beschäftigt in seiner Unternehmensgruppe Mitarbeiter:innen aus 28 Nationen mit 26 Sprachen. „Wir sind ein toleranter, offener und integrativer Betrieb“, erklärt KR Gabriela Lemberger, die gemeinsam mit ihrem Bruder Burkhard W. R. Ernst das Unternehmen in zweiter Generation als Geschäftsführerin leitet. Dem Unternehmen ist die Gleichstellung der Geschlechter ein besonderes Anliegen. „Wir haben als eines der ersten Unternehmen Kfz-Mechanikerinnen, Spenglerinnen und Lackiererinnen ausgebildet und auch beschäftigt. Eine Zeit lang hatten wir sogar eine Mechaniker-Meisterin und derzeit bilden wir in der Kfz-Werkstätte wieder eine junge Frau aus“, erklärt KR Gabriela Lemberger. Stephanie Ernst, die gemeinsam mit ihrem Cousin Maximilian Lemberger die dritte Generation in der Unternehmensführung bildet, ergänzt: „Frauen werden durch Teilzeitmodelle unterstützt und können alle Arbeitsbereiche bei RAINER ausüben. Wir sind sehr offen und freuen uns über diversen Zuwachs.“
(pi)