Der Krieg in der Ukraine, eine wachsende globale Rohstoff- und Energiekrise oder die stetig steigende Inflation: Die Auswirkungen der aktuellen geopolitischen und wirtschaftlichen Lage treffen auch österreichische Unternehmen entscheidend. Für die kommenden sechs Monate erwarten 30 Prozent der heimischen CEOs eine Verschlechterung der Geschäftslage. Als große Gefahren für die Unternehmensentwicklung erkennen sie dabei vor allem die hohen bzw. stark schwankenden Rohstoff- (90%) und Energiepreise (87%) sowie die steigende Inflation (86%) und Probleme in der Lieferkette (80%).
Das zeigen die Kernergebnisse der neuen PwC Österreich-Studie „Austrian CEO Spotlight“, die die Auswirkungen der aktuellen globalen Entwicklungen auf die heimische Unternehmensentwicklung untersucht.
„Der wirtschaftliche Erfolg von österreichischen Unternehmen ist neben den Gesetzen von Angebot und Nachfrage aktuell mehr denn je von globalen, nicht steuerbaren und zum Teil unvorhersehbaren externen Einflüssen abhängig. Wie unsere Studie zeigt, wirkt sich dies auch stark auf den Optimismus heimischer CEOs aus. Dabei treffen die Preisentwicklungen bereits alle befragten Unternehmen, seien es die Rohstoff- und Energiepreise, oder auch die Inflation im Allgemeinen. Eine schwache Lieferkette und der Arbeitskräftemangel stehen als zusätzliche Probleme weit vorne auf der Agenda“, erklärt Rudolf Krickl, CEO und Territory Senior Partner von PwC Österreich.
Reduzierter Energieverbrauch in Produktion und alternative Energiequellen
Steigende Rohstoff- und Energiepreise treiben Kosten nicht nur in der Produktion nach oben, sondern bereits in der Lieferkette. Neben den direkten Energiekosten und knappen Rohstoffen drehen auch Arbeitsmaterialien mit starken Energiekomponenten die Preisspirale weiter. Viele Unternehmen suchen aktuell intensiv nach Einsparpotenzialen, um eine Weitergabe der Mehrkosten an ihre Kunden nach Möglichkeit hinauszuzögern.
Dazu hat knapp die Hälfte der befragten heimischen Unternehmen den Energieverbrauch in der Produktion bereits reduziert. Als Vorkehrungen gegen überhöhte Energiekosten denken 60 Prozent einen Umstieg von Gas auf andere Energieträger und Brennstoffe an. 57 Prozent ziehen dabei auch einen Umstieg auf alternative Energiequellen in Erwägung.
Rohstoffversorgung: Erhöhte Lagerreichweite und Suche nach neuen Lieferanten
„Heimische Unternehmen stehen vor einem herausfordernden Herbst. Es drohen weitere unerwartete Engpässe, mit denen sie noch vor wenigen Monaten nicht gerechnet haben. Die derzeitige Situation sollte ein Weckruf für Politik und Wirtschaft sein, sich in puncto Rohstoff- und Energieversorgung nicht in Abhängigkeit einzelner Länder oder Regierungen zu begeben. Eine entsprechende Diversifikation in der Lieferantenauswahl ist von entscheidender Bedeutung“, so Experte Krickl. „Dabei müssen Entscheidungsträger auch auf die Stärken im eigenen Land setzen. Dieser Gegentrend zur Globalisierung kann wiederum eine echte Chance für Unternehmen sein, durch regionale Lieferketten den eigenen CO2-Fußabdruck zu reduzieren, das eigene Geschäftsmodell auf sämtliche ESG-Dimensionen hin zu überprüfen und sich insgesamt nachhaltiger aufzustellen.”
Zur Sicherstellung der Rohstoffversorgung und Transportwege haben 62 Prozent der befragten Unternehmen bereits ihre Lagerreichweite erhöht. In Bezug auf ihre Lieferanten wollen sich 6 von 10 befragten heimischen CEOs in Zukunft breiter aufstellen – 34 Prozent gaben an, dabei bereits stärker auf regionale Lieferanten zu setzen. Eine durch Rohstoffknappheit eingeschränkte Produktion in Form von Kurzarbeit ist für 90 Prozent der Befragten keine Option.
Steigende Inflation: Heimische CEOs zurückhaltend bei Gehaltsanpassungen
Die befragten Unternehmen teilen die Sorge über stark steigende Energiepreise und damit einhergehende wachsende Produktionskosten. Überraschend ist jedoch, dass der Zugang zu Finanzierungsmitteln in naher Zukunft von heimischen CEOs nur als geringe (38%) bzw. keine Gefahr (59%) eingestuft wird. Am ehesten wird eine Veränderung des Zinssatzes von variablen auf fixe Zinsen angedacht (40%) bzw. bereits umgesetzt (20%). Keine Dividende auszuschütten, um sie als Innenfinanzierungskraft zu nutzen, denken in Zukunft 30 Prozent der Unternehmen an.
Angesichts der steigenden Kosten für Endverbraucher zeigen sich österreichische Unternehmen in Bezug auf die Entlohnung ihrer Mitarbeiter zurückhaltend: Knapp die Hälfte der befragten CEOs (47%) planen keine allgemeine Anpassung der Gehälter über der Inflationsrate ein. Ein überraschend hoher Wert, der in der Praxis einer Reallohnsenkung gleichzusetzen ist. Hingegen denken 54 Prozent der Unternehmen zusätzliche Sozialleistungen für Mitarbeiter an bzw. haben diese bereits umgesetzt. Weitere 67 Prozent setzen zudem auf einmalige Zahlungen oder Prämien.
„Wir leben in einer Zeit der Arbeitskräfteverknappung. Mitarbeiter sind gesucht und haben hohe Erwartungen an ihre Arbeitgeber. In Hinblick auf die finanzielle Entlohnung wird man das System der reinen Inflationsanpassung bei den Gehältern neu überdenken müssen. Auch der Gewinnbeteiligung von Mitarbeitern wird eine immer wichtigere und größere Bedeutung zukommen. Daneben sind ‚Work-Life‘-Themen wie flexible Arbeitsmodelle, persönliche Entwicklungsmöglichkeiten und sinnvolle Arbeit Anforderungen der Arbeitswelt der Zukunft, auf die sich Unternehmen strategisch Antworten überlegen müssen. Ein gut gestaltetes Maßnahmenbündel ist für die Anwerbung neuer Mitarbeiter ebenso wie für die Retention essenziell, wenn Mitarbeitende im Unternehmen gehalten werden sollen“, empfiehlt Rudolf Krickl. (pi)