“Hasta La Vista Baby!” Das waren die letzten Worte von Boris Johnson, des 34. Premierministers von Großbritannien bei der Talkshow „Question Time“, nach zwei Jahren und 361 Tagen im Amt. Da er sich dabei des Spruchs von Arnold Schwarzenegger, wird es seinen Kollegen wohl nicht entgangen sein, dass der Terminator einen zweiten, genauso berühmten Satz von sich gab: Und zwar „I‘ll be back“…
Wörter, die den Puls für einen Politiker höher schlagen lassen, dessen Ehrgeiz kaum Grenzen zu haben schien.
Mit ihm war kein einziger Tag langweilig, werden ihn die Wohlgesonnenen womöglich in Erinnerung behalten. Er war gelegentlich umwerfend, manchmal konfus, oder wie wir in England sagen, ein „ziemlich starker Käse“. Entweder liebte man ihn, oder man verabscheute ihn.
Nur wenige werden seine Zeit ohne einen eigenen Standpunkt dazu in Erinnerung behalten. Und falls Apathie vor Boris ein Schandfleck in der Geschichte unsere Nation war, nach ihm ist dies sicherlich nicht mehr der Fall. Großbritanniens politisches Bewusstsein ist wieder hellwach geworden. So gut wie jeder hat hier eine Meinung über das aktuelle Geschehen und über das, was wahrscheinlich als Nächstes kommt.
Der Boris-Effekt hat auf allen Seiten eine heiße Debatte darüber ausgelöst, wie die Welt nach dem Brexit für uns aussehen könnte, und es herrschen verschiedene Meinungen darüber, ob diese Welt ein kleiner Staat mit niedrigeren Steuern oder ein starker, besser ausgestatteter Staat sein sollte, der mehr bewirken kann.
Zahlreiche Herausforderungen
Wir durchleben jedoch fieberhafte Zeiten. Das Vereinigte Königreich sieht sich zahlreichen wirtschaftlichen Herausforderungen gegenübergestellt, und verfassungsmäßig muss es noch das Vermächtnis eines Oberhaupts verdauen, das sich allzu oft über die politische Schwerkraft hinwegsetzte.
All dies wird von der Geschäftswelt mit Argusaugen beobachtet. Sie, und allen voran deren ganz große Player, wollen gerne wissen, woran sie sind. Stabilität und Gewissheit stehen aber sicherlich nicht auf der wirtschaftlichen Tagesordnung. Und das weit über die Grenzen des Landes hinaus. Wie alle Länder dieser Welt macht auch Großbritannien eine schwierige Zeit steigender Inflation samt höherer Kosten und Preise durch, die für Instabilität auf den Märkten sorgt.
Vieles nicht mehr selbstverständlich
Für den Großteil meines Lebens sah Politik für die Geschäftswelt wie der interessante Zeitvertreib eines Zuschauers aus, da viele der Grundsätze wie steuerliche Stabilität, Inflation, oder offene Märkte als selbstverständlich, als scheinbar unerschütterliche und erfassbare Wahrheiten galten. Das ist nicht mehr der Fall.
Heute sieht dieser Konsens wesentlich wackeliger aus, und aus diesem Grund wird die Geschäftswelt in der Zeit nach Boris Johnson eine neue Regierung und deren neue entstehenden Agenda genau unter die Lupe nehmen. Das Rennen für die Wahl seines Nachfolgers lässt erste Einblicke in jenes Großbritannien zu, das man nach der Zeit von Boris Johnson zu erwarten hat.
Die Konjunktur ist für beide Herausforderer zur Verwerfungslinie geworden. Die vorgeschlagenen politischen Rezepte mögen sich zwar unterscheiden, aber die Diagnose ist ähnlich: Damit Großbritannien in Fahrt kommt, muss man dessen Wirtschaft auf Turbo schalten. Gewissermaßen waren wir schon einmal hier. Die Wirtschaftskrise von 2008 brachte eine starke Ausrichtung auf die Ankurbelung der Konjunktur mit sich, man wollte faktisch den Wirtschaftsabschwung durch schieren Handel überwinden.
Als Mitbegründer von StartUp Britain, der nationalen Aktion für junge Unternehmen, konnte ich diesen Ansatz hautnah erleben. Der damalige Schatzkanzler George Osborne begriff einigermaßen den Zeitgeist und rief nach einem ‘unternehmergeführten Aufschwung’ auf. Er tat dies in dem Glauben, dass Wachstum nicht von den etablierten Marktteilnehmern, sondern von deren Herausforderern kommen würde, die die Märkte und mit ihnen auch die Wirtschaft neugestalten würden.
Ich denke, dass man in den kommenden Monaten und sogar Jahren sehr viel in dieser Richtung zu hören bekommen wird, wenn die Regierung das Wachstum zur größten nationalen Priorität erklärt. Das heißt nicht, dass die Regierung Johnson nicht ähnliche Motive bzw. Instinkte an den Tag legte. Vielmehr hat sie aber die meiste Zeit damit verbracht, vor Problemen zu stehen, statt nach Lösungen zu suchen.
Es war ein anderer konservativer Premier, Harold Macmillan, der bemerkte, dass sich politische Karrieren über das, was er als “Ereignisse, mein Lieber, Ereignisse“ bezeichnete, definieren lassen. Boris wird vermutlich aus diesem Grund ewig im Glauben sein, dass sich die Ereignisse gegen ihn verschwört hätten. Oder dass die Würfel des Glücks nicht zu seinem Gunsten gefallen seien. Seine Kritiker meinen dagegen, Boris sei seines eigenen Pechs Schmied gewesen.
Die Ereignisse deuten aber nun auf einen Trend in Richtung größerer Wirtschaftskompetenz und einer wiederbelebten Beziehung zur Geschäftswelt hin, um diese zu erreichen. Das Vermächtnis seines Nachfolgers wird dadurch definiert, wie wirksam er oder sie diese Kompetenz liefern kann.
Denn wie einer von Schwarzeneggers Filmpartnern in der Terminator-Filmserie mal sagte, „es gibt kein Schicksal, sondern das, was wir für uns selbst machen.”
Der Autor Michael Hayman ist der Mitbegründer und Vorsitzender der Kampagnenfirma Seven Hills sowie Mitbegründer von StartUp Britain.