Die österreichische Wirtschaft bleibt auch im Jahr 2024 in der Rezession. Trotz der schwierigen Rahmenbedingungen erzielen die Banken weiterhin hohe Gewinne und bauen ihre Kapitalstärke aus. Um den steigenden Risiken bei Gewerbeimmobilienkrediten entgegenzuwirken, sollen ab 2025 zusätzliche Kapitalpuffer eingeführt werden. Im Bereich der Wohnimmobilienkredite zeigen die Aufsichtsmaßnahmen bereits positive Effekte.
Die österreichische Wirtschaft verzeichnet 2024 das zweite Rezessionsjahr in Folge und auch für das kommende Jahr wird kein starker Aufschwung erwartet. In diesem herausfordernden Umfeld hat der österreichische Bankensektor dennoch sehr hohe Gewinne erwirtschaftet und seine Widerstandsfähigkeit bewiesen. Risikomindernd wirken auch die aufsichtlichen Maßnahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe. Bei Gewerbeimmobilienkrediten steigen die Risiken jedoch weiter, weshalb diese ab Mitte 2025 mit einem zusätzlichen Kapitalpuffer begrenzt werden sollen.
Österreichische Wirtschaft verharrt in Rezession
Die österreichische Wirtschaft befindet sich 2024 das zweite Jahr in einer ausgeprägten Schwächephase. Für diese Entwicklung gibt es zwei wesentliche Ursachen: die Industrierezession und eine ausgeprägte Konsumzurückhaltung. Deshalb hat die Oesterreichische Nationalbank (OeNB) zuletzt ihre Wachstumsprognose nach unten revidiert. Für das laufende Jahr wird eine Schrumpfung der Wirtschaftsleistung prognostiziert, und auch für 2025 wird nur ein verhaltenes Wachstum erwartet. I
n diesem schwierigen Umfeld bleibt die Kreditnachfrage der Unternehmen, insbesondere für längerfristige Investitionen, gedämpft. Aus der Wohnimmobilienkreditvergabe kommen jedoch wieder moderate Wachstumsimpulse, da sich aufgrund steigender Einkommen und leicht fallender Finanzierungskosten die Leistbarkeit verbesserte. Zudem sank der Anteil der Kredite mit variabler Verzinsung, die aufgrund des Zinsrisikos für Kreditnehmende besonders im Fokus der Aufsicht stehen, bei der Neuvergabe auf nur noch ein Fünftel.
Stärkung der Kapitalisierung des Bankensektors durch anhaltend hohe Profitabilität
Getragen von einem weiterhin hohen Zinsergebnis betrug der Gewinn des österreichischen Bankensektors in der ersten Hälfte des Jahres 2024 7 Milliarden Euro, was nur knapp unter dem Rekordergebnis der Vorjahresperiode lag. Dazu trug auch das Geschäft im Ausland, das mehr als 40 Prozent der Bilanzsumme ausmacht, kräftig bei. Die Gewinne der österreichischen Tochterbanken in Zentral-, Ost- und Südosteuropa erreichten ein neues Hoch knapp über 3 Milliarden Euro. Durch die Einbehaltung von Gewinnen konnten die Banken ihre Widerstandsfähigkeit erhöhen. Die harte Kernkapitalquote des Sektors erreichte 17,7 Prozent, wobei die österreichischen Großbanken über dem Durchschnitt europäischer Großbanken lagen.
In der ersten Jahreshälfte 2024 verschlechterte sich jedoch die Kreditqualität. Aufgrund der ausgeprägten Schwächephase der heimischen Wirtschaft stieg der Anteil notleidender Kredite auf 2,7 Prozent, wobei vor allem Gewerbeimmobilien- und KMU-Kredite besonders starke Anstiege verzeichneten. Die Bildung von Risikovorsorgen hielt mit dieser Entwicklung allerdings nicht Schritt. Dessen ungeachtet: Im jüngst von der OeNB durchgeführten Stresstest, der im adversen Szenario fallende Zinssätze (und -margen) sowie eine verschlechterte Qualität der Gewerbeimmobilienkredite simuliert, weist das österreichischen Bankensystem eine hohe Widerstandsfähigkeit gegen potenzielle Schocks auf.
Maßnahmen für Wohnimmobilienkreditvergabe stärken Finanzstabilität
Die aufsichtlichen Maßnahmen für die Wohnimmobilienkreditvergabe in Österreich (KIM-V) sind effektiv und haben die Finanzstabilität gestärkt. Im ersten Halbjahr 2024 lag der Anteil nachhaltiger Neukredite in diesem Marktsegment über 80 Prozent und der Anteil notleidender Kredite blieb gering. Gleichzeitig haben fast zwei Drittel der Banken das ihnen zur Verfügung stehende Ausnahmenkontingent nicht mal zur Hälfte ausgenutzt. Im Bereich der Gewerbeimmobilienkredite, der seit Jahren im aufsichtlichen Fokus ist, steigen die Risiken jedoch, da vergangene Zinsanstiege die Schwachstellen in der Finanzierung dieses Sektors offenlegten.
Dabei stieg die Anzahl an Unternehmensinsolvenzen ebenso wie das Volumen notleidender Kredite in den Bankbilanzen. Das führte dazu, dass sich der Anteil notleidender Gewerbeimmobilienkredite in Österreich von seinem Tiefststand 2020 bis Mitte 2024 auf 5,5 Prozent mehr als verdoppelt hat. Die Preise von Gewerbeimmobilien – ein wichtiger Sicherheitspolster, um Banken bei Kreditausfällen zu schützen – bleiben ebenfalls unter Druck. In diesem Kontext hat das österreichische Finanzmarktstabilitätsgremium (FMSG) festgestellt, dass potenzielle Verluste aus Gewerbeimmobilienkrediten im Fall einer weiteren Verschlechterung des wirtschaftlichen Umfelds ein erhöhtes Finanzstabilitätsrisiko darstellen können. Deshalb hat das FMSG der Finanzmarktaufsicht empfohlen, einen sektoralen Systemrisikopuffer von zunächst 1 Prozent per Mitte 2025 einzuführen.
Empfehlungen der OeNB zur Stärkung der österreichischen Finanzstabilität
Um für zukünftige Herausforderungen gewappnet zu sein und die Finanzstabilität weiter zu stärken, empfiehlt die OeNB den Banken daher:
- Die Absicherung bzw., wo notwendig, weitere Stärkung der Kapitalbasis durch Zurückhaltung bei Gewinnausschüttungen
- die Sicherstellung nachhaltiger Vergabestandards bei Immobilienkrediten sowie die Vorbereitung auf strengere aufsichtliche Anforderungen für Gewerbeimmobilienkredite,
- die adäquate Risikosteuerung, einschließlich höherer Wertberichtigungen und einer konservativen Sicherheitenbewertung, sowie
- die Sicherung einer nachhaltigen Profitabilität durch Kostendisziplin und Investitionen sowohl in Informationstechnologien als auch zum Schutz vor Cyberrisiken und den Auswirkungen des Klimawandels
(pi)