Das internationale Forum für Wirtschaftskommunikation (IFKW) lud zu einer Diskussion zum Thema „Energie und Mobilität“. Die Umbruchphase der Automobilbranche, Befriedigung der Mobilitätsbedürfnisse mit Blick auf Ressourcen und Nachhaltigkeit sowie mögliche Verhaltensveränderung standen dabei im Mittelpunkt.
„Am Ende des Tages geht es darum, unser Mobilitätsbedürfnis zu befriedigen und dafür braucht es Energie“, konstatierte Klaus Schmid, Vorstand des Bundesverbandes für E-Mobility. „Die Energiekrise zeigt klar, dass sich die Mobilität der Zukunft und auch die Investitionsentscheidungen in diesem Bereich massiv ändern müssen, um auch künftig dieses Bedürfnis befriedigen zu können.“ Doch wie kann eine derartige Transformation nachhaltig gelingen, ohne dass weiter fossile Energien verschwendet werden? Das diskutierte Schmid gemeinsam mit Automobilherstellern, Journalisten und Wissenschaftlern im Rahmen des Internationalen Forums für Wirtschaftskommunikation.
Etablierung neuer Modelle
„Das Thema ‚Mobility as a Service‘ steht für den großen Umbruch in der Automobilbranche. Das alte Modell hat ausgedient und muss neu gedacht werden. Das Mobilitätsbedürfnis, egal ob individuelle Mobilität oder Mobilität der Güter, muss im Zentrum der Diskussion stehen und dann können auch neue, gut funktionierende Geschäftsmodelle entstehen“, sagte Sandra Stein, Leiterin der Forschungskoordination im Center für nachhaltige Produkte und Logistik bei Fraunhofer Austria und Leiterin des Executive MBA-Programms Mobility Transformation an der TU Wien: „Der Zugang zu Mobilität muss für jeden genauso leicht machbar sein wie 1-Klick-Käufe in Onlineshops. Das heißt aber nicht, dass ich dafür ein eigenes Fahrzeug besitzen muss. Der Trend geht jedenfalls hin zum Sharing, auch bei der Güter-Mobilität.“
Kollaborative Logistik
„Das Physical Internet geht davon aus, dass Transportfahrzeuge kollaborativ genutzt werden können. Die Nachfrage im System reguliert sich nach dem Angebot: Das heißt, es werden dann zum Beispiel auf einem Autotransporter Fahrzeuge verschiedener Hersteller transportiert – je nach Nachfrage und Ort. Hier gibt es große organisatorische Einsparungsmöglichkeiten“, so Stein weiter.
Problem der Energiekette muss gelöst werden
Sharing-Modelle funktionieren zwar in vielerlei Hinsicht gut, würden aber vor allem in wenig besiedelten Gebieten an ihre Grenzen stoßen, gab Bernhard Geringer, Leiter des Institutes für Fahrzeugantriebe und Automobiltechnik der TU Wien, zu bedenken: „Wenn die Nachfrage gering ist, wird sich das Modell nicht durchsetzen und Investition sind hier nicht attraktiv.“ Das Sharing-Geschäft ist ein schwieriges, bestätigte auch Patrizia Ilda Valentini, Business Development Manager EV & New Mobility/Brand Manager Mobilize bei Renault: „Wir versuchen, mit künstlicher Intelligenz vorherzusagen, wo Nachfrage entsteht, damit die Fahrzeuge intelligent platziert werden können. Es vergehen Jahre, bis sich das wieder rentiert und man braucht dementsprechend gute Vorfinanzierungen. Banken investieren leider nicht gerne in diese Bereiche.“ Und diese Finanzierbarkeit wird auch eine Schwierigkeit bei Shared-Mobility im Güterverkehr erschweren. Valentini: „Wer finanziert das? Sharing klingt zwar gut, aber jemand muss das Fahrzeug auch besitzen und warten. Wer übernimmt das Risiko? Der Staat oder ein Investor?“
„Das Hauptthema bei der Energiediskussion ist, wie wir von der fossilen Energie wegkommen“, thematisiert Bernhard Geringer. „Nach wie vor werden über 80 Prozent der Primärenergie aus fossilen Quellen gewonnen. In Österreich sind es auch immer noch fast 70 Prozent. Wie können wir das ändern? Zum einen durch Effizienzsteigerung und zum anderen durch Lösungsansätze, wie wir ‚grüne‘ Energie optimal nutzen und vor allem speichern können.“ Autarkie sei bei unserem jetzigen Lebensstandard bedeutend schwieriger zu erreichen als vor 100 Jahren. Es werde auch weiterhin Energieimporte brauchen und hier werde die Nachhaltigkeit eine große Herausforderung darstellen. „Bei Fahrzeugen hilft die Diskussion um Antriebssysteme überhaupt nicht. Egal ob Wasserstoff, Kohle oder Strom – die Frage muss sein, wo kommt die Energie her und sind es nachhaltige Quellen. Das Problem der Energiekette muss gelöst werden.“
Elektroautos unreflektiert auf den Markt zu werfen, ist ein Fehler
Patrizia Ilda Valentini betonte, dass im Recycling großes Potential liege und hier auch in Österreich noch viel getan werden müsse: „Wir müssen uns einschränken, das ist hart, aber anders wird das Problem nicht zu lösen sein. Unsere Industrie ist auf Wachstum ausgelegt und dafür brauchen wir Strom. Wir müssen also auch unser Wirtschaftsdenken umstellen und hinterfragen, welche Ergebnisse für unseren Erfolg entscheidend sind. Die Elektromobilität ist eine Chance zu hinterfragen, wo der Strom herkommt und wie wir diesen wirtschaftlich und sinnvoll einsetzen.“
Elektroautos seien Batterien auf vier Rädern und könnten sehr gut als Speicher genutzt werden, wenn die Netze dafür bereit wären, so Valentini weiter: „Die Technologie ist da, wir brauchen aber die juristischen Rahmenbedingungen, damit wir sie auch auf den Markt bringen dürfen.“ Außerdem müssen die Bürger abgeholt werden beim Thema Speicher und Netzstabilität: „Man kann nicht erwarten, dass die Bürger alle Investitionen tätigen, ohne ihnen zu zeigen, was sie davon haben, wenn sie ihre Autos als Stabilisator für das Netz zur Verfügung stellen.“
Staat in die Pflicht nehmen
Auch Sandra Stein stimmte zu, dass der Staat mehr in die Pflicht genommen werden müsse: „Offensichtlich schafft es die Politik nicht, die richtigen Anreize für ein Umdenken zu setzen, ansonsten würden wir die Pariser Klimaziele fristgerecht erreichen und müssten nicht im schlimmsten Fall 9,3 Milliarden Euro Strafen bezahlen. Eine enorme Summe, die – klug investiert – vorab die Erreichung dieser Ziele sichern könnte.“