Plagiatsvorwürfe erschüttern die Wissenschaft: Eine Expertin erläutert die Ursachen

Plagiatsfälle treten immer häufiger beim akademischen Arbeiten auf. ©Pexels

Plagiatsvorwürfe sind in den vergangenen Jahren, vor allem auch bei Personen, die im öffentlichen Leben stehen zu einer Häufigkeit geworden. Die Buchautorin und Schreibcoach Sarah Vaclav erläutert, woran akademische Arbeitnehmer oftmals scheitern und wie man selbst nicht in die Plagiat-Falle tappt.

In den letzten Jahren haben Plagiatsvorwürfe gegenüber prominenten Persönlichkeiten wie Wissenschaftlern und Politikern zunehmend die Schlagzeilen beherrscht. Rennomierte Forscher wie der Simulationsforscher Niki Popper und Politikerinnen, wie die ehemalige Arbeitsministerin Christine Aschbacher gerieten ins Fadenkreuz der Plagiatsjäger. Die Enthüllungen von Plagiaten in wissenschaftlichen Arbeiten können verheerende Auswirkungen auf die Reputation und Karriere der Betroffenen haben. Doch nicht nur Prominente sind von diesem Problem betroffen, sondern auch viele Studierende. Oftmals gefährden Plagiatsvorwürfe deren Ausbildung. Die Buchautorin und Schreibcoach Sarah Vaclav erklärt vier Gründe, warum das saubere wissenschaftliche Arbeiten oft scheitert und wie man gar nicht erst in Versuchung gerät, zu plagiieren.

Die Expertin betont die Bedeutung einer fundierten Ausbildung im wissenschaftlichen Schreiben, da selbst unbewusstes schlampiges Arbeiten zu einem Plagiat führen kann. Sie weist darauf hin, dass die Probleme bereits in der Ausbildungszeit beginnen. Da versuchen viele Menschen, sich die vermeintliche Last des wissenschaftlichen Arbeitens zu ersparen. Anstatt selbstständig zu arbeiten, greifen sie zu Ghostwriting oder Imitation, um Zeit und Nerven zu sparen. Vaclav unterstreicht, dass hier ein grundlegendes Verständnis und die richtigen Techniken des wissenschaftlichen Schreibens erlernt werden müssen, um die Versuchung des Plagiats von vornherein zu vermeiden.

Mangel an Wissen über das wissenschaftliche Arbeiten

Ein Hauptgrund für Plagiate liegt laut Vaclav im Mangel an Wissen über das wissenschaftliche Arbeiten. Obwohl viele Studien- und Fortbildungsseminare das Thema behandeln, wissen dennoch viele nicht, wie man richtig vorgeht. Vaclav erklärt: “Man traut sich selbst nicht zu, die Arbeit richtig zu verfassen, und versucht, die Verantwortung an jemand vermeintlich Professionelleren abzugeben und so eigene Unsicherheiten zu kompensieren.” Dieser Mangel an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten resultiert oft aus dem Druck, gute Noten zu erzielen. Eine bessere Aufklärung und breitere Angebote könnten hier Abhilfe schaffen.

Zeitdruck ist oftmals sehr groß

“Meistens werden Studierende mit Aufgaben überhäuft, die innerhalb kürzester Zeit abgegeben werden sollen. Überforderung setzt ein, und dann wird plagiiert“, betont die Expertin eine weitere Ursache für Plagiate. Der Zeitdruck resultiert oft aus fehlendem Wissen über die richtige Planung und Organisation wissenschaftlicher Arbeit. Vaclav rät: „Um nicht Gefahr zu laufen, von einer Informationsflut erdrückt zu werden, sollte man sich Speedreading und Speedwriting aneignen. Diese Fähigkeiten kann man erlernen, und darauf lege ich auch mitunter das Hauptaugenmerk in meinen Workshops.“ 
Das bedeute, aber nicht, dass alles in kurzer Zeit erledigt werden soll. Es soll erlernt werden, schneller klare Gedanken zu fassen, zu vernetzen und zu strukturieren.

Mangel an Motivation aufgrund von trockener Vermittlung

Eine weiteres Problem ist, dass das wissenschaftliche Arbeiten oft sehr trocken vermittelt werde. Ein Aspekt, der in weiterer Folge zu einem Mangel an Motivation führe, betont Vaclav. Hier ist relevant neue Perspektiven aufzuzeigen: “„Wissenschaftliche Arbeiten sollten einen Mehrwert haben – für einen selbst und die Wissenschaft.“ Das kann durch das Erlernen und praktische Anwendung von sauberem wissenschaftlichem Arbeiten erreicht werden. Dafür müssen zuerst die negativen Vorurteile, dass es trocken und zeitaufwendig sei, abgelegt werden. “Wenn einem bewusst wird, dass man auch selbst vom Schreibprozess profitiert, ändert sich die Einstellung automatisch und die Motivation wird geweckt”, betont die Buchautorin.

Kein Wissen darüber ab wann ein Plagiat ein Plagiat ist

Tatsächlich scheint ein Großteil der Plagiierenden nicht zu wissen, wann sie dabei sind, fremdes Gedankengut zu kopieren. „Oft wissen die Menschen gar nicht, wie richtiges wissenschaftliches Schreiben geht. Denn ein Plagiat geht über das bloße Abschreiben von vorhandenem Inhalt hinaus und umfasst beispielsweise auch schlechtes Paraphrasieren“, weiß die Expertin und fügt hinzu: „Das bloße Aneinanderreihen von Synonymen ist keine Lösung. Viel eher muss der Sinn eines Textes extrahiert und neu zusammengebaut werden.“ Sobald der Inhalt jedoch verstanden wurde, ist es möglich, ihn in eigenen Worten wiederzugeben und dazu Gedanken zu entwicklen.

Wissenschaftliches Schreiben von Beginn an richtig erlernen

Wenn Plagiatsvorwürfe ans Licht kommen, ist es oft zu spät für Korrekturen, und Disziplinarverfahren drohen. Um dies zu vermeiden, sollte das wissenschaftliche Schreiben von Anfang an richtig erlernt werden. Im besten Fall entdeckt man dadurch sogar eigene Interessen und findet Gefallen an der akademischen Arbeit. “Es ist wichtig, bereits in der Schule und in Universitäten Seminare und Workshops anzubieten, die aufzeigen, wie spannend es sein kann, Arbeiten zu schreiben. Im Endeffekt kann dies zu einer Selbstfindungsphase führen, die auch die Persönlichkeitsentwicklung fördert“, erklärt die Mentaltrainerin.

„Man muss sein Ziel anvisieren und am Weg dorthin alle Räder der Maschinerie, angefangen von der Literaturrecherche, über das Paraphrasieren bis hin zum Schreiben, beherrschen“, erklärt Vaclav und betont darüber hinaus: „Wer verstanden hat, was ein Plagiat ist, der hat auch keine Angst davor. Sobald man sauberes wissenschaftliches Arbeiten erlernt hat, läuft man nicht mehr der Gefahr zu plagiieren. Daher ist es essenziell, so früh wie möglich richtig anzusetzen und das versuche ich auch meinen Klienten zu vermitteln.“

(pi)

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