IFWK-“Fishbowl”: Nicht die Jugend, sondern das Unternehmen muss sich anpassen.
Babyboomer versus Generation Z: Viele Unternehmen stehen vor der Herausforderung, optimale Arbeitsbedingungen für grundunterschiedliche Generationen zu schaffen, um gut ausgebildete Mitarbeiter finden und langfristig halten zu können. Fakt ist, die Jugend, also die Generation Z, tickt anders als die älteren Kollegen. Das heißt aber keinesfalls, dass die „Jungen“ nur faul herumsitzen und nicht arbeiten wollen. Vor diesem Hintergrund lud IFWK-Gründer Rudolf J. Melzer zu einem Dialog verschiedener Generationen, bei dem unter anderem festgehalten wurde: „Es ist eher die Aufgabe der Arbeitgeber, sich an die Bedürfnisse junger Fachkräfte anzupassen, als umgekehrt.“
„Was macht die Generation Z anders? Man kann jedenfalls sagen, dass es sich um die ‚Generation unverbindlich‘ handelt. Egal, ob es um eine Verabredung oder um einen neuen Job geht; – jede Entscheidung ist eigentlich nur ein Zwischenstand“, erklärte Jörg Spreitzer, Geschäftsführer von Great Place to Work, in der Skybar des Wiener UNIQA-Towers. „Wir als Arbeitgeber sind nun gefordert, darauf richtig zu reagieren: Sei es bei dem Wunsch, auf 20 Stunden zu reduzieren, weil nebenbei doch noch weiterstudiert werden will oder dem Wunsch nach mehr Homeoffice-Zeiten. Fakt ist auch, dass keine Generation davor so selbstbewusst war, fast schon radikal, wie sie auf sich aufmerksam machen. Da steht ein Purpose dahinter.“
Absolute Flexibilität und einen sinnstiftenden Job
Wenn man es als Unternehmen schaffe, die Bedürfnisse nach mehr Flexibilität anzuerkennen, auf sie einzugehen und zusätzlich noch sinnstiftende Tätigkeiten für junge und auch ältere Mitarbeitende schafft, könne man langfristig gute Leute halten, so der Experte weiter, dessen Unternehmen jährlich Befragungen zu Arbeitsumfeldern durchführt. „Während die Generation X noch dafür arbeitet, um zu leben, sieht die Generation Z Arbeit und Leben als Prozess.“
Nur loben hilft nicht weiter
Petra Umbrich, Head of Group Finance bei der Uniqa Insurance Group, sprach im Rahmen der „Fishbowl“-Diskussion über ihre Erfahrungen als Führungskraft mit der Gen Z: „Auffallend ist, dass die junge Generation sofort und unmittelbares Feedback zu ihrer Leistung haben will und dass das keinesfalls nur Lob sein soll. Denn die Jungen wollen lernen und sich weiterentwickeln. Wer es als Führungskraft schafft, offen und transparent mit seinem Team zu kommunizieren, kann sehr erfolgreich sein.“ Den Wunsch nach maximaler Flexibilität könne man aber nicht in allen Phasen und Jobs erfüllen, so Umbrich weiter: „Wenn man von Anfang an – und das beginnt bereits beim Jobinterview – klar kommuniziert, in welchen Phasen des Geschäftsjahres beispielsweise flexible Arbeitszeiten möglich sind und in welchen nicht, zum Beispiel in der Finanz beim Jahresabschluss, sind die Erwartungshaltungen klar abgesteckt und die Bedürfnisse können dementsprechend angepasst werden.“
Jobs den Talenten anpassen
Roman Oberauer, Country Managing Director von NTT Ltd. in Österreich ergänzte aus seiner Sicht als Führungskraft: „Als Arbeitgeber muss ich mich fragen, was jede und jeder in 24 Stunden leisten kann. Ich muss also auch das gesamte Umfeld der Person miteinbeziehen. Familie und Gesundheit gehen immer vor und abhängig von den Lebensumständen ist Leistung sehr individuell.“ Künftig müsse man sich fragen, wie sinnvoll es ist, offene Stellen eins zu eins nachzubesetzen oder ob es nicht klüger wäre, die Jobs den jeweiligen Fähigkeiten oder Talenten der neuen Person anzupassen und Aufgaben anders zu verteilen, so Oberauer weiter: „Das ist für uns natürlich mehr Führungsarbeit, weil man viel individueller auf diese Leistungskriterien eingehen muss. Wenn das gelingt, kann man ein gutes Arbeitsumfeld für alle Generationen schaffen.“
High Performance heißt auch Opfer bringen
Berufliche (Höchst-)Leistungen und jene im Spitzensport seien im Hinblick auf Flexibilität und Freiraum nicht allzu unterschiedlich, legte Alisa Buchinger, Karate-Weltmeisterin und mehrfache Europameisterin, in ihrem Statement dar: „Wenn ich Leistung erbringen möchte, muss mir klar sein, dass ich auf gewisses verzichten muss. Ich kann dann nicht beispielsweise am Vortag eines wichtigen Termins, egal ob sportlich oder beruflich, feiern gehen. Opfer bringen ist nicht immer super und auch ich merke, dass viele Junge dazu nicht mehr bereit sind. Die Frage ist dann, ob man seine Ziele auf einem anderen Weg erreichen kann.“
Leistung könne nur dann erbracht werden, wenn man bereit sei, sich Herausforderungen zu stellen und über sich hinauszuwachsen, ergänzte Meli Colloseus, Jus-Studierende, ehemalige Schauspielerin und Gastronomin: „Man denkt oft, man habe seine Grenzen schon erreicht, dabei unterschätzt man sich eigentlich. Es ist so wichtig, mutig zu sein und sich stetig verbessern zu wollen. Es ist eine Frage des Mindsets, zu erkennen, dass viel mehr in mir schlummert, als ich mir vielleicht aktuell zutraue. Wenn diese Leistung dann vom Arbeitgeber wertgeschätzt und auch honoriert wird, ist man auch bereit, noch weiterzugehen und mehr Energie zu investieren.“
Begriff Work-Life-Balance wird falsch verwendet
Miriam Fend, Media Consultant bei der Melzer PR Group betonte, dass der oft strapazierte Begriff der geforderten Work-Life-Balance falsch verwendet werde: „Der Begriff impliziert eigentlich, dass Arbeit kein Teil vom Leben ist. Wir als junge Generation wollen arbeiten, aber Arbeit muss Sinn ergeben und auch Spaß machen; und das in einer guten Unternehmenskultur. Für mich trifft es das Wort ‚Vereinbarkeit‘ viel mehr, denn wenn ich Arbeit gut in mein Leben integrieren kann und gerne hingehe, kann ich auch gute Leistungen erbringen und Erfolge erzielen.“
Dysfunktionale Kommunikation hindert Erfolg
„Eine offene Feedbackkultur ist mir und auch meinen gleichaltrigen Kollegen sehr wichtig und das ist es auch, was uns letztendlich im Unternehmen hält“, so Fend weiter. „Wir sind nicht bereit, dysfunktionale Kommunikation zu akzeptieren und wollen gehört werden. Wenn das nicht gegeben ist, kann uns auch kein gutes Gehalt dauerhaft halten.“
En Qiang Zhou, Leiter der Produktentwicklung bei Gentics Software, ergänzte: „Ich bin selber Generation Z und Führungskraft und merke jetzt, wie wichtig es ist, gut zuzuhören und auf die jeweiligen Bedürfnisse einzugehen. Gleichzeitig muss darauf geachtet werden, wie die individuellen Wünsche nach Flexibilität und Arbeitszeit mit den Werten und Zielen des Unternehmens vereinbar sind.“
Anpassungsfähigkeit als Muss für Unternehmen
Für Unternehmen sei es heute noch viel wichtiger, sich den stetig wandelnden Umständen des Marktes anzupassen, sagte Maike Topp, Participation and Cash Managerin bei der Uniqa Insurance Group: „In einer Zeit, in der sich alles permanent im Wandel befindet und ständig neue Technologien entwickelt werden, können Unternehmen nur überleben, wenn sie fähig sind, sich den aktuellen Gegebenheiten anzupassen.“ Genauso wichtig sei es aber eben auch, dass sich die aktuelle Führungsgeneration an die Bedürfnisse der Jungen anpasst. Isabella Mader, Vorstand von Excellence Research, dazu: „Weiterentwicklung der Führungsfähigkeiten ist jetzt besonders wichtig. Denn die jungen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen wegen des Unternehmens und gehen oft wieder wegen der Führungskraft. Hier gilt es, Führungskräfte gezielt zu entwickeln. Denn Führen ist eine Fähigkeit, die man lernen muss.“
Angeregte Diskussion
Unter der Moderation von Michael Köttritsch, Leiter der Karriereredaktion der Tageszeitung „Die Presse“, diskutierten unter anderem die Leiterin der Unternehmenskommunikation der Salzburger Aluminium Gruppe, Andrea Pfennigbauer, die Finanzchefin der APA – Austria Presse Agentur, Doris Pokorny, deepsearch-CEO Roland Fleischhacker, der Anwalt Wilhelm Milchrahm, evoila-CEO Jürgen Horak, Hamburger Containerboard-CFO Sigmar Mielacher und Amberon-Chef Klaus Schmid weitere Aspekte der Performance-Kultur in verschiedenen Branchen und Unternehmen wie zum Beispiel performanceorientierte Bezahlung oder generationenverbindende Weiterbildung.
(pi)