Die Lenzing Gruppe war im ersten Quartal 2022 wie die gesamte verarbeitende Industrie wesentlich von den extremen Entwicklungen an den globalen Energie- und Rohstoffmärkten betroffen. Ein überwiegend positives Marktumfeld und der strategische Fokus auf Spezialfasern sorgten dennoch für eine sehr solide Umsatz- und Ergebnisentwicklung, wobei der Effekt der gestiegenen Kosten größtenteils kompensiert werden konnte.
Die Umsatzerlöse stiegen im ersten Quartal 2022 um 25,7 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal auf 615 Mio. Euro. Dieser Anstieg ist primär auf eine anhaltend hohe Nachfrage nach holzbasierten, biologisch abbaubaren Spezialfasern und höhere Faserpreise zurückzuführen; der Anteil der Spezialfasern am Faserumsatz liegt derzeit bei 73,3 Prozent. Die Ergebnisentwicklung spiegelt die Entwicklung der Energie-, Rohstoff- und Logistikkosten wider, wobei der anhaltende Fokus auf Maßnahmen zur strukturellen Ergebnisverbesserung in allen Regionen diesen negativen Effekt minderte. Das Betriebsergebnis vor Abschreibungen (EBITDA) ging um 7 Prozent im Vergleich zum Vorjahr auf 88 Mio. Euro zurück. Die EBITDA-Marge verringerte sich von 19,3 auf 14,3 Prozent. Das Periodenergebnis erhöhte sich um 14,3 Prozent auf 34,1 Mio. Euro, das Ergebnis je Aktie lag bei 0,87 Euro (nach EUR 1,06 im ersten Quartal 2021).
„Lenzing verzeichnete dank erheblicher Kraftanstrengungen in einem Umfeld drastisch steigender Kosten einen soliden Start in das Geschäftsjahr 2022. Die Nachfrage nach unseren holzbasierten, biologisch abbaubaren Spezialfasern entwickelte sich auch im ersten Quartal positiv“, sagt Stephan Sielaff, Vorstandsvorsitzender der Lenzing Gruppe. „Strategisch bleiben wir mit der Eröffnung unseres Lyocellwerks in Thailand und der Inbetriebnahme des Zellstoffwerks in Brasilien voll auf Kurs, und darauf sind wir sehr stolz. Jetzt wollen wir den nächsten Schritt gehen und den Wandel von einem linearen zu einem Modell der Kreislaufwirtschaft weiter vorantreiben. Als Champion der Nachhaltigkeit wissen wir, dass die Textil- und Vliesstoffindustrien nicht so weitermachen können, wie sie im Moment agieren“, so Sielaff.
Personelle Änderungen in Vorstand und Aufsichtsrat
Der Lenzing Aufsichtsrat gab im März 2022 die Bestellung von Stephan Sielaff zum neuen Vorstandsvorsitzenden der Lenzing Gruppe bekannt. Sielaff folgte per 01. April 2022 auf Cord Prinzhorn, der im vierten Quartal 2021 den Vorstandsvorsitz interimistisch übernommen hatte. Finanzvorstand Thomas Obendrauf setzte den Lenzing Aufsichtsrat weiters darüber in Kenntnis, für eine weitere Verlängerung seines im Juni 2022 auslaufenden Vertrages nicht mehr zur Verfügung zu stehen. Der Lenzing Aufsichtsrat arbeitet derzeit an einer zeitnahen Nachbesetzung. Thomas Obendrauf wird dem Unternehmen bis zum Eintritt eines Nachfolgers beratend zur Seite stehen.
Der Vorstand wird damit von fünf auf vier Personen reduziert. Das Vorstandsmandat von Chief Pulp Officer Christian Skilich wurde unterdessen vorzeitig um weitere drei Jahre bis 31. Mai 2026 verlängert. Personelle Änderungen gab es auch im Lenzing Aufsichtsrat. Cord Prinzhorn übernahm den Vorsitz von Peter Edelmann, der auf eigenen Wunsch per 26. April 2022 aus dem Aufsichtsrat ausschied.
Stärkung des Spezialfaserwachstums
Im März erfolgte die feierliche Eröffnung des neuen Lyocellwerks in Thailand. Die Produktionsanlage, die mit einer Nennkapazität von 100.000 Tonnen pro Jahr die größte ihrer Art ist, ging nach zweieinhalb Jahren Bauzeit und trotz der pandemiebedingten Herausforderungen planmäßig in Betrieb. Durch die erfolgreiche Umsetzung des Projekts kann Lenzing die wachsende Nachfrage der Kunden nach Lyocellfasern noch besser bedienen und damit die weltweiten Textil- und Vliesstofflindustrien nachhaltiger gestalten.
Ausblick
Der Internationale Währungsfonds rechnet für 2022 mit einem weltweiten Wachstum von 3,6 Prozent. Die wirtschaftliche Erholung nach der tiefen Rezession durch COVID-19 wurde allerdings durch den Krieg in der Ukraine gebremst. Die extremen Entwicklungen an den Energie- und Rohstoffmärkten und die Probleme globaler Lieferketten stellen derzeit eine wesentliche Herausforderung für die gesamte verarbeitende Industrie dar. Das Wechselkursumfeld bleibt in den für Lenzing wichtigen Regionen voraussichtlich volatil.
Die Erholung der Nachfrage in der globalen Textil- und Bekleidungsindustrie setzte sich bisher auch 2022 fort, allerdings dämpften die geopolitischen Entwicklungen und die aktuelle Omikron-Welle in China den Optimismus in der textilen Wertschöpfungskette gegen Ende des ersten Quartals. Die umfassenden Lockdowns in Teilen der Volksrepublik sorgten regional für einen Einbruch der Nachfrage.
Im richtungsweisenden Markt für Baumwolle zeichnet sich in der laufenden Erntesaison 2021/2022 ein leichter Anstieg der Lagermengen ab, wenngleich die Dynamik an den internationalen Rohstoffmärkten und die Probleme in der globalen Lieferkette die Preisentwicklung weiter maßgeblich beeinflussen dürften.
Lenzing geht weiterhin von einem steigenden Bedarf an umweltverträglichen Fasern für die Textil- und Bekleidungsindustrie sowie die Hygiene- und Medizinbranchen aus. Die Kostenentwicklung bei Energie und Rohstoffen sowie Störungen in der Lieferkette sorgen allerdings derzeit für ein sehr herausforderndes Marktumfeld. Die Ergebnisvisibilität bleibt eingeschränkt.
Die Lenzing Gruppe geht für das Gesamtjahr 2022 unter Berücksichtigung der genannten Faktoren und der ersten Ergebnisbeiträge aus den Schlüsselprojekten in Thailand und Brasilien weiterhin davon aus, dass das EBITDA deutlich über dem Niveau von 2021 liegen wird.