Ein kompletter Verbot von Verbrennungsmotoren ab 2035, wie von FBM Gewessler gefordert, missdeutet die wirtschaftspolitische Bedeutung dieser Technologie für die heimischen Zulieferbetriebe sowie deren Beschäftigten. Ein Verbot schränkt die Mobilität der Bevölkerung, allen voran in ländlichen Regionen massiv ein. Wirtschaftskammer, Industriellenvereinigung, Wirtschaftsbund und Landwirtschaftskammer sehen dies kritisch im Sinne der Innovationskraft. Anstatt Verbote bevorzugen sie Technologieoffenheit und Alternativen, um Klimaneutralität zu erreichen.
Abschaffung bedeutet Abhängigkeit
Die Zuliefer- und Produktionsbetriebe für Verbrennungskraftmaschinen in Österreich beschäftigen bis zu 80.000 Personen. Darüber hinaus sind in Europa entwickelte und gebaute Verbrennungsmotor weltweite Spitze und stark nachgefragt. Daher würde die Abschaffung dieser Technologieform die Schaffung zusätzlicher kritischer Abhängigkeiten von internationalen Partnern bedeuten. Sei es bei Rohstoffen, Energiespeichern oder Mikrochips.
Zusätzlich stoppt eine Abschaffung abrupt die Technologieentwicklungen. Außerdem würden Arbeitsplätze und Wertschöpfung ins Ausland abwandern. Generell wird an dem volkswirtschaftlichen als auch der klimapolitischen Nutzen einer solchen Entwicklung gezweifelt. „Ein Verbot der Verbrennungsmotoren muss auch mit einem entsprechenden Ausbau der Infrastruktur für Alternativen einhergehen – lediglich ein Verbot auszusprechen wird nicht ausreichen“, so der Generalsekretär der Industriellenvereinigung, Christoph Neumayer.
Technologieoffenheit unterstützt Klimaneutralität
Um die ambitionierten Ziele in kurzer Zeit auch umzusetzen, wird ein technologieoffenen Zugang benötigt. „Neben dem Ausbau von erneuerbaren Stromkapazitäten müssen wir nun die Erzeugung von klimaneutralen Kraftstoffen in Europa massiv unterstützen. Die Mobilität der Zukunft ist vielfältig, die Stärken der österreichischen Wirtschaft müssen weiter genutzt werden“, erklärt Karlheinz Kopf, Generalsekretär der Wirtschaftskammer Österreich.
„Sollen wir wieder den Ochs vor den Pflug spannen?“ fragt Schmuckenschlager. „Der klimafreundliche Betrieb des Motors mit biogenen oder synthetischen Kraftstoffen ist hier eine gute Option. Im Sinne der Umwelt sollten wir diese Chance, wie im Regierungsprogramm verankert, nutzen“, erinnert Johannes Schmuckenschlager, Präsident der LK Niederösterreich.
Wirtschaftsbund spricht sich gegen das Verbot aus
Im Rahmen des „Fit-for-55“-Pakets stimmen die Umweltminister der EU-Mitgliedsstaaten über das Verbot des Verbrennungsmotors ab 2035 ab. Bereits im EU-Parlament stimmte die ÖVP-Fraktion gegen so ein Verbot. Nun bekräftigt der Wirtschaftsbund seine Ablehnung: „Die EU darf einer klimaneutralen Zukunft des Verbrennungsmotors durch nachhaltige synthetische & Bio-Treibstoffe nicht die Tür zuschlagen. Das gefährdet unseren Wirtschaftsstandort und verlagert die Rohstoffabhängigkeit nach China“, so WB-Generalsekretär Abg.z.Nr. Kurt Egger.
„Ziel muss es sein, den Verbrennungsmotor weiterzuentwickeln und klimaneutral betreiben zu können. Das gelingt mit technologieoffener Politik und entsprechender Forschung. Ambitionierte Klimaziele sind notwendig, aber sie müssen auch umsetzbar sein“, so Egger.
Reine Konzentrierung auf E-Mobilität verlagert Rohstoffabhängigkeit nach China
„Batteriebetriebene E-Autos sind ein Teil der Klimaneutralität. Der Umbau der gesamten Infrastruktur hin zu reiner E-Mobilität ist aber aus heutiger Sicht zeitnahe nicht möglich. Europaweit müssten Millionen Autos gegen E-Autos ausgetauscht werden, der Ausbau der Infrastruktur und die zusätzliche Stromversorgung braucht Jahrzehnte. Außerdem dürfen wir nicht alles auf ein Pferd setzen. Zudem müssen wir parallel zum Ausbau der E-Mobilität auch die alternativen Kraftstoffe ausbauen. Synthetische Kraftstoffe können herkömmliche Verbrennungsmotoren CO2-neutral betreiben, wodurch wir nicht Millionen Autos abwracken müssten. Dazu braucht es noch Forschung, der wir aus ideologischen Gründen nicht den Riegel vorschieben dürfen. Obendrein können wir uns nach den schmerzhaften Erfahrungen der europäischen Abhängigkeit von russischem Gas nicht in die nächste Abhängigkeit hineinmanövrieren. Immerhin ist China der Hauptlieferant der Batteriezellen für E-Autos und wird es nach derzeitiger Sicht auch in Zukunft bleiben“, mahnt Egger abschließend. (pi)