Bis zum Jahr 2030 könnten der österreichischen Industrie bis zu 16.000 Fachkräfte mit HTL-Ausbildung fehlen. Dies geht aus der Studie “HTL-Qualifikationen für die österreichische Industrie” hervor, die vom Industriewissenschaftlichen Institut (IWI) im Auftrag mehrerer Branchenverbände durchgeführt wurde.
Die österreichische Industrie steht vor einem zunehmenden Mangel an technisch ausgebildeten Fachkräften. Die Untersuchung, die im Auftrag des Fachverbands der Metalltechnischen Industrie (FMTI), des Fachverbands der Elektro- und Elektronikindustrie (FEEI), des Österreichischen Verbands für Elektrotechnik (OVE) und der Industriellenvereinigung (IV) durchgeführt wurde, prognostiziert eine erhebliche Fachkräftelücke bis 2030
Fachkräftemangel verschärft sich bis 2030
Aktuell fehlen der Industrie rund 10.000 Absolventen von Höheren Technischen Lehranstalten (HTL). Bis 2030 könnte dieser Bedarf auf bis zu 16.000 Personen ansteigen. Dieser Mangel betrifft insbesondere die Kernbereiche der jeweiligen Branchen. In der Elektro- und Elektronikindustrie fehlen derzeit 3.400 HTL-Absolventen, wovon 1.300 auf die Bereiche Elektronik und Elektrotechnik entfallen. In der Metalltechnischen Industrie liegt der Mangel bei 3.600 Fachkräften, von denen etwa ein Drittel (1.200) in den Kompetenzfeldern Metall- und Elektrotechnik gesucht wird. Hinzu kommt ein wachsender Bedarf an IT-Spezialisten mit HTL-Abschluss, wo derzeit rund 900 Fachkräfte fehlen.
„Die Innovationskraft unserer Betriebe hängt maßgeblich von HTL-Absolvent:innen ab. Ein weiterer Rückgang der Abschlüsse würde den Standort schwächen“, warnt Christian Knill, Obmann des FMTI.
Arbeitsmarktregionalitäten und Ausbildungsangebot
Laut Studie bleibt österreichweit jede vierte Stelle im technischen Bereich unbesetzt, mit erheblichen regionalen Unterschieden. Wien meldet mit ca. 2.400 HTL-Fachkräften den höchsten Bedarf, gefolgt von Oberösterreich (1.950) und der Steiermark (1.500). In Tirol und Vorarlberg erreicht der Anteil unbesetzter Stellen bis zu 26 Prozent. Die Autoren betonen, dass sich diese Zahlen bis 2030 noch deutlich erhöhen können – prognostiziert werden bis zu 40 Prozent fehlender HTL-Fachkräfte. Auch beim Ausbildungsangebot zeigt sich ein Ost-West-Gefälle: Im Westen Österreichs werden insgesamt nur 15 Prozent des HTL-Fachkräftepools ausgebildet.
Bedeutung der HTL-Ausbildung für die Industrie
Die Höhere Technische Lehranstalt gilt laut Studie als elementarer Bestandteil der österreichischen Fachkräfteausbildung. Die Verbindung von praxisorientierter und theoretischer Ausbildung im technisch-industriellen Bereich wird als wesentlich bezeichnet. Gefragt sind neben den spezifischen Fachkenntnissen auch übergreifende Kompetenzen wie Englisch, Projektmanagement und Teamfähigkeit. „Die Innovationskraft unserer Mitgliedsbetriebe basiert unter anderem auf den gut ausgebildeten HTL-Absolvent:innen“, äußert Christian Knill, Obmann FMTI. Er fordert verstärkte Ressourcen für die Ausbildung und für qualifizierte Lehrkräfte.
Die Autoren der Studie weisen darauf hin, dass sowohl der demografische Wandel als auch der Wettbewerb zwischen Industriezweigen die Situation verschärfen. Der Erhalt und Ausbau der HTL-Ausbildung im Rahmen einer nationalen Fachkräftestrategie wird als entscheidend für die Wettbewerbsfähigkeit und den Wirtschaftsstandort Österreich hervorgehoben. „Wir müssen jetzt handeln, damit wir den Bedarf auch in Zukunft decken können, denn Ausbildungen brauchen Zeit“, betont Wolfgang Hesoun, Obmann FEEI. OVE-Präsident Gerhard Fida ergänzt: „Qualifizierte Fachkräfte sind eine wesentliche Voraussetzung für Energiewende und nachhaltige Wirtschaft. Die HTL-Ausbildung nimmt hier eine wichtige Rolle ein.“
Die Studie sieht erhöhten politischen und bildungspolitischen Handlungsbedarf, um die Qualität und Quantität der HTL-Ausbildungen in Österreich zu sichern und auszubauen. Nur durch gezielte Maßnahmen könne die Industrie den steigenden Personalbedarf in den technisch-industriellen Schlüsselbereichen bewältigen. (pi)