In einem Gastkommentar in der MIT Technology Review fordert der ehemalige Google Boss Eric Schmidt eine neue Apollo-Mission der USA, um einen Vorsprung in der Ära der Künstlichen Intelligenz herauszufahren. Es ist zu erwarten, dass sein Appell gehört wird.
Die globale Jagd nach Rechenleistung hat in der Ära der Künstlichen Intelligenz (KI) neue Höhen erreicht. Technologiegiganten wie Microsoft und Amazon entwickeln eigene AI-Chips, und Sam Altman von OpenAI hat angekündigt, bis zu 7 Billionen Dollar unter anderem für ein Chip-Produktionsunternehmen beschaffen zu wollen. Diese Bestrebungen sind nicht nur aktuelle geopolitische Hebel, sondern beeinflussen auch ganz konkret die zukünftige wirtschaftliche Entwicklung von Nationen, inklusive verwandter Aspekte wie Sicherheit.
Was ein Apollo-Programm für KI umfassen soll
Auf Basis dieser Ausgangslage vertritt Eric Schmidt die Meinung, dass die USA dringend eine nationale Strategie für Rechnerkapazitäten entwickeln müsse. Er nennt es in der ihm eigenen Bescheidenheit: “Ein Apollo-Programm für das Zeitalter der KI”. Er bezieht sich dabei unter anderem auf eine aktuelle Executive Order von Präsident Biden, mit der die National Science Foundation im Januar 2024 ein Pilotprogramm für die National AI Research Resource (NAIRR) startete. Dieses Programm soll als „gemeinsame Forschungsinfrastruktur“ dienen und Rechnerleistung für KI, Zugang zu öffentlichen Daten und Schulungsressourcen bereitstellen.
Das NAIRR-Pilotprojekt wäre ein wichtiger erster Schritt, aber die aktuell vorgesehenen 2,6 Milliarden Dollar für den Betrieb über sechs Jahre würden bei Weitem nicht ausreichen, um das von Schmidt skizzierte, strategische Szenario zu ermöglichen. Neben der derzeit nicht absehbaren Genehmigung zusätzlicher Mittel bleibt auch abzuwarten, ob der US-Kongress das NAIRR über die Pilotphase hinaus genehmigen wird.
Staatliche Investitionen in Technologie für Geheimdienste, Technologie und Cybersicherheit
Schmidt legt deshalb nach. Seine Forderung: Die Regierung muss ihren Zugang zu Rechenleistung ausbauen und KI proaktiv im Dienste der Nation einsetzen. Er argumentiert weiter, dass fortgeschrittene Rechnerleistung mittlerweile grundlegend für die Sicherheit und den Wohlstand der USA seien. Als Beispiele führt er an, dass KI unter anderem für nationale Geheimdienste entscheidend sei, für wissenschaftlichen Fortschritt wie Nuklear-Fusion, für die Beschleunigung in der Materialentwicklung, für Cybersicherheit der Finanzmärkte, von kritischer Infrastruktur und mehr. Schmidt referenziert auf die wichtige Rolle der US-Regierung im 20. Jahrhundert bei der Ermöglichung entscheidender technologischer Durchbrüche durch die Bereitstellung einer Forschungsinfrastruktur. In den 1960ern waren das Teilchenbeschleuniger, später dann Supercomputing-Zentren in den 1980ern.
Jetzt, da andere Nationen, darunter China, ambitionierte und langfristige Investitionen in leistungsstarkes KI-Computing tätigen, könne es sich die USA nicht leisten, zurückzufallen. Er spricht konkret von einem Wettlauf, bei dem es darum gehe, die bisher am stärksten weltverändernde Technologie der Menschheitsgeschichte zu beherrschen.
Staatliche (!) Supercomputer gefordert
Eric Schmidt fordert ganz konkret staatliche (!) KI-Supercomputer, die für eine Vielzahl von Missionen gebaut werden sollten. Auch um Einsatzszenarien für die von ihm geforderte Infrastruktur ist Schmidt nicht verlegen: von der Verarbeitung geschützter Informationen bis hin zur fortschrittlicher biologischer Berechnung ist aus seiner Sicht eigentlich alles dabei. Er prognostiziert, dass im kommenden Jahrzehnt die Leistung von KI-Modellen voraussichtlich um das 1.000- bis 10.000-fache steigen wird. Die Erforschung und Entwicklung dieser Modelle wird eine leistungsfähigere und spezialisierte KI-Forschungsinfrastruktur brauchen, so Schmidt.
Die USA wären derzeit bei fortschrittlicher IT und KI noch führend, andere Länder würden jedoch aufholen und anstreben, die Technologieführerschaft zu übernehmen. Beispielsweise würde China planen, seine gesamte Rechenleistung bis 2025 um mehr als 50% zu steigern. Langsamkeit im Handeln könne sich die USA deshalb nicht leisten, so Schmidt.
Eine Strategie zur Technologie-Entwicklung und Fachkräfte-Entwicklung
Eine nationale Strategie zur Aufrüstung von Rechenleistung müsse zudem Hand in Hand mit einer Talentstrategie gehen, so Schmidt. Die Regierung müsse im Wettbewerb um KI-Talente mit der Privatwirtschaft konkurrieren können, indem sie Fachkräften die Möglichkeit bietet, Herausforderungen der nationalen Sicherheit auf der Basis einer Weltklasse-Computing-Infrastruktur anzugehen. Ganz konkret fordert Schmidt, international die besten Studierenden zu rekrutieren und zu halten und dazu auch klare und passende Möglichkeiten der Einwanderung zu schaffen.
Massive Investition sei alternativlos: Ein Apollo-Programm für KI unabdingbar
Die USA hätten lange von ihrer Position als globaler Innovationsführer in der fortgeschrittenen Computertechnik profitiert, analysiert Schmidt. Genau wie das Apollo-Programm die USA dazu anspornte, das Weltraumrennen zu gewinnen, so würde die Festlegung nationaler Ziele und Investitionen für Computing nicht nur die Wettbewerbsfähigkeit im Bereich der KI in den kommenden Jahrzehnten stärken, sondern auch Forschung und Entwicklung in praktisch allen Sektoren vorantreiben.
Der Originalbeitrag (gratis): https://www.technologyreview.com/2024/05/13/1092322/why-america-needs-an-apollo-program-for-the-age-of-ai
Eric Schmidt war von 2001 bis 2011 CEO von Google und ist derzeit Mitbegründer von Schmidt Futures, einer philanthropischen Initiative, die außergewöhnliche Talente fördert, die die Welt verbessern wollen.