Strategien und Projekte für die grüne Mobilitätswende liegen auf dem Tisch. Elektromobobiltät alleine wird nicht ausreichen, um die globale Energiewende schaffen zu können. Die Reduktion von CO2 gilt als oberstes Ziel. Die Politik muss jetzt die richtigen Weichen stellen.
Erneuerbare Energie und klimaneutrale Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis sind die zentralen Säulen für die „grüne“ Mobilitätswende. Denn Elektromobilität und öffentlicher Verkehr allein werden nicht ausreichen, um die globale Energiewende rechtzeitig zu schaffen, warnen international renommierte Energiearchitekten im Rahmen der Energy.Transition.Innovation-Talks in Wien. Elektromobilität ist unbestritten ein wichtiger Baustein unter der Voraussetzung, dass der Strom zu 100 Prozent grün ist, aber es braucht auch eine Lösung für Bestandsfahrzeuge – und zwar nicht nur in Europa, sondern auch in Afrika und Asien. Außerdem ist Ökostrom in Europa ein knappes Gut. 2019 hat die EU Energieprodukte im Wert von 320 Milliarden Euro eingeführt. Aktuell besteht der europäische Energiemix erst zu 22 Prozent aus grüner Energie. Aus heutiger Sicht ist die Europäische Union auch zukünftig nicht in der Lage, ihre gewaltigen Versorgungslücken bei „grüner“ Energie aus eigener Kraft zu schließen. Die EU wird damit langfristig von Energieimporten abhängig sein.
Missing Link in Speichermedien wie eFuels
Georg Brasseur, Institut für Elektrische Messtechnik und Sensorik der Technischen Universität Graz: „Um die Energiewende zu schaffen, sind drei Maßnahmen notwendig: Energie sparen, grünen Strom ausbauen und grüne speicherbare Energieträger generieren.“ Das Missing-Link sieht Brasseur in lang- und kurzfristigen Speichermedien wie eFuels. „Wasserstoff ist aus heutiger Sicht ein idealer Speicher. Aber es gibt keine Wasserstoff-Pipeline und keine Schiffe, die Wasserstoff nach Europa transportieren können. Synthetische Kraftstoffe auf Wasserstoffbasis mit Kohlenstoff in einem geschlossenen Kreislauf sind hier die ideale Lösung. Denn globale Energieflüsse müssen so gesteuert werden, dass sie sowohl im Norden als auch im Süden die CO2-Emissionen gegen null reduzieren.“ Die gute Nachricht: Die Technik dafür gibt es bereits. Die Energiewende ist also machbar, wenn die Politik nicht weiter die wesentlichen Tatsachen ignoriert.
Rasche und tiefgreifende CO2-Reduktion als oberstes Ziel
„Das Fokussieren auf den motorischen Wirkungsgrad alleine ist weder zielführend noch ausreichend“, führt Helmut Eichlseder, Leiter des Instituts für Thermodynamik und nachhaltige Antriebssysteme ebenfalls an der Grazer TU aus. „Für ein resilientes Energiesystem braucht es mächtige Speicher und eine bestmögliche Nutzung erneuerbar verfügbarer Energie. Und die wird in Europa alleine nicht ausreichend verfügbar sein, also werden wir ohne Importieren nicht auskommen. Wirkungsgrade müssen optimiert werden, aber unter Betrachtung des Gesamtsystems; oberstes Ziel muss es sein, rasche und tiefgreifende CO2-Reduktion zu erreichen. Hier allein elektrischen Strom als ‚per Definition CO2-frei‘ zu bewerten, führt nicht zum Ziel und zu einer falschen Optimierung“.
In das optimistische Horn stößt auch Global Director Thorsten Rixmann vom Lustenauer Technologiepionier Obrist. Sein Projekt geht noch viel weiter als die aktuelle Klimapolitik. Sie zielt darauf ab, dass jeder gefahrene Kilometer 24 g CO2 in der Luft abbaut. Das ausgeklügelte Konzept basiert auf Methanol, das der Atmosphäre mehr CO2 entnimmt als zuführt. Thorsten Rixmann: „Die EU-Verordnungen sind viel zu simpel, die nur den CO2-Ausstoß im Auspuff messen.“
Nachhaltige Kraftstoffe als Gamechanger
Wenn es um CO2 Reduktion im Mobilitätsbereich für die grüne Mobilitätswende geht, wird die Diskussion oft auf die Frage nachhaltige Kraftstoffe oder Elektromobilität zugespitzt. Bernhard Wiesinger, Leiter der Interessenvertretung beim ÖAMTC: „Es geht nicht um ein ‚Entweder-oder‘, sondern um ein ‚Sowohl-als-auch‘. Elektromobilität ist ein wichtiger Baustein, aber alleine mit dem Austausch von Diesel- und Benzin-Fahrzeugen schaffen wir unmöglich die Klimaziele 2030, dafür gibt es einfach zu wenige Neuanmeldungen. Wir brauchen auch eine Lösung für Bestandsfahrzeuge. Nachhaltige Kraftstoffe können hier ein Gamechanger sein, weil sie nachhaltige Energie im großen Stil speicherbar machen.“
Verbot von klimaneutralen Treibstoffen als Lösungsansatz nicht zielführend
„Österreich hat allen Grund auf seine Designer und Strategen stolz zu sein, die das Zeug haben, das aus dem Ruder laufende Weltklima wieder ins Gleichgewicht zu bringen“, freut sich eFuel-Alliance Geschäftsführer Stephan Schwarzer. „Das Wichtigste ist, dass klimaneutrale Energie dort zur Verfügung steht, wo sie gebraucht wird und sofort CO2-Emissionen stilllegt. Elektro-Zwang befördert AKW-Ausbaupläne. CO2-Emissionen der Strom- und der Batterieerzeugung werden nicht vermieden, sondern nur wegdefiniert. Die EU-Verordnungen galoppieren leider in die falsche Richtung, wenn sie klimaneutrale Treibstoffe als Lösungsansatz verbieten. Aus dieser Sackgasse muss die Politik schleunigst raus. CO2 zu reduzieren, muss sich lohnen, nicht CO2 zu verlagern. Denken wir out-of-the-Box, ist plötzlich eine Lösung in Reichweite, noch dazu eine, die praktikabel ist und nicht an Kosten scheitern würde.“ E10 als Beimischung in Benzin und die Markteinführung von HVO sind ein erster wichtiger Schritt in die richtige Richtung.
(pi)