Inflationsabstand: Österreichs Herausforderungen im Euroraum

Verzögerte Weitergabe sinkender Energiepreise und Struktur der Fiskalmaßnahmen erklären Österreichs Inflationsabstand zum Euroraum.©Pixabay

Der Inflationsabstand zwischen Österreich und dem Euroraum ist aufgrund der Struktur der Fiskalmaßnahmen zur Abfederung der Energiepreisanstiege und der verzögerten Weitergabe von Großhandelspreisrückgängen signifikant angestiegen. Die Entwicklung im Dienstleistungssektor und die Preise für Energie sind Faktoren, die den Inflationsunterschied zwischen Österreich und dem Euroraum beeinflussen.

„Der Inflationsabstand zwischen Österreich und dem Euroraum ist in den letzten Monaten aufgrund der Struktur der Fiskalmaßnahmen zur Abfederung der Preisanstiege bei Energie und der verzögerten Weitergabe von Großhandelspreisrückgängen für Haushaltsenergie an die Endverbraucher signifikant angestiegen“, so der Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann. Hinsichtlich der weiteren Inflationsentwicklung erwartet die OeNB einen Rückgang der am Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI) gemessenen Inflation von 7,4 Prozent im Jahr 2023 auf zunächst 4,1 Prozent im Jahr 2024 und 2,9 Prozent im Jahr 2025. Damit wird die Inflationsdifferenz zum Euroraum erst 2025 wieder den langfristigen Durchschnitt erreichen.

HVPI-Inflationsrate trotz rückläufiger Tendenz immer noch außergewöhnlich hoch

Auch wenn die österreichische HVPI-Inflationsrate seit Jahresbeginn eine rückläufige Tendenz aufweist, ist sie im Juni 2023 laut Schnellschätzung von Statistik Austria mit 7,8 Prozent immer noch außergewöhnlich hoch gewesen. Die bis Mai vorliegenden Detailergebnisse zeigen, dass die Verringerung des Preisauftriebs vor allem auf Energie und in einem geringeren Ausmaß auf Nahrungsmittel sowie Industriegüter ohne Energie zurückgeht. Bei Dienstleistungen hat sich der Preisauftrieb hingegen beschleunigt, weshalb die ohne Energie und Nahrungsmittel berechnete Kerninflation nur langsam sinkt. Im Mai lag die Kerninflation bei 7,9 Prozent, nachdem sie im April mit 8,3 Prozent den höchsten Wert seit Beginn der Währungsunion erreicht hatte.

Kerninflation wird 2024 auf 5,1 Prozent sinken

Laut aktueller Inflationsprognose der OeNB wird die HVPI-Inflationsrate im Jahr 2023 7,4 Prozent betragen. Der rasche Rückgang der Teuerung im Jahresverlauf 2023 auf 4 ½ Prozent im Dezember 2023 wird sich im Folgejahr verlangsamen. Für das Jahr 2024 erwartet die OeNB eine Teuerungsrate von 4,1 Prozent, für das Jahr 2025 2,9 Prozent. Die Kerninflationsrate (ohne Energie und Nahrungsmittel) steigt 2023 vor allem aufgrund kräftiger Lohnkostensteigerungen auf 7,1 Prozent. 2024 und 2025 wird die Kerninflationsrate auf 5,1 Prozent bzw. 2,8 Prozent sinken, aber weiter deutlich über ihrem langfristigen Durchschnitt bleiben. Die Energiepreisentwicklung wird durch fiskalpolitische Maßnahmen im Jahr 2023 markant gedämpft. Nach dem Auslaufen der Maßnahmen wird von den Energiepreisen in den Jahren 2024 und 2025 allerdings ein inflationstreibender Effekt ausgehen. Die Arbeitnehmerentgelte werden aufgrund der verzögerten Inflationsabgeltung 2023 kräftig ansteigen. Dies wird insbesondere im Dienstleistungssektor 2023 zu einer Erhöhung der Inflationsrate führen. Die Teuerung von Agrarrohstoffen sowie die landwirtschaftlichen Produktionskosten sollten im Prognosezeitraum zurückgehen. Dies wird sich – allerdings mit einer Zeitverzögerung – auf die Nahrungsmittelpreise übertragen. Daher wird die Inflationsrate für Nahrungsmittel im Jahr 2023 mit 9,8 Prozent hoch bleiben, bis 2025 jedoch auf 2,3 Prozent sinken.

Energie-Komponente für Inflationsabstand maßgebend

Der Inflationsabstand Österreichs zum Euroraum wuchs im Juni 2023 auf 2,3 Prozentpunkte an, nachdem die Teuerung Österreichs im ersten Halbjahr 2022 noch niedriger als im Euroraum gewesen war. Hauptverantwortlich für die Ausweitung des Inflationsabstands ist der Beitrag der Energie-Komponente. Eine Ursache für diese Entwicklung ist die Struktur der Fiskalmaßnahmen zur Abfederung der gravierenden Verteuerung bei Energie. In Österreich wurden weniger direkte Preiseingriffe vorgenommen, und es wurde stärker auf Transferzahlungen zurückgegriffen. Energieträger, bei denen es keine Preiseingriffe gegeben hat (Fernwärme, feste Brennstoffe, Gas), sind zu einem erheblichen Teil dafür ausschlaggebend, dass sich der Inflationsabstand gravierend ausgeweitet hat. Ein weiterer Grund für die wachsende Inflationsdifferenz ist die schleppende Weitergabe der Großhandelspreisrückgänge für Haushaltsenergie an die Endverbraucher:innen in Österreich. Die Ursachen dafür sind vielfältig: lange Vertragsbindungen der Haushalte an Energieversorger, geringe Wechselraten sowie mangelnder Wettbewerb. Die weiterhin hohen Energiepreise wirken sich aber auch auf die Kosten im Dienstleistungssektor und bei der Produktion von Waren aus. Die seit Mitte 2022 dynamische Preisentwicklung im österreichischen Dienstleistungssektor hat auch aufgrund der stärkeren Gewichtung von Dienstleistungen im österreichischen HVPI-Warenkorb zur Ausweitung des Inflationsabstands zum Euroraum beigetragen.

(pi)

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