Die reichsten zehn Prozent verursachen in Österreich mehr Treibhausgase als die Hälfte der Bevölkerung zusammen.
Das oberste Einkommenszehntel verursachte 2019 um ein knappes Drittel mehr Emissionen als noch vor 30 Jahren. Emissionen eingespart hat ausschließlich die untere Einkommenshälfte. Damit verursachen die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung mehr Emissionen als die gesamte ärmere Hälfte zusammen. Das zeigt eine Auswertung internationaler Emissionsdaten durch das Momentum Institut.
Während die einkommensärmere Hälfte der Bevölkerung ihren Treibhausgasausstoß 2019 im Vergleich zu 1990 um 9 Prozent reduzierte, verursacht das einkommensreichste Prozent sogar um 45 Prozent mehr. Auch der Rest des obersten Einkommenszehntels hat in Sachen Treibhausgasausstoß zugelegt. Sie verursachen im Beobachtungszeitraum 23 Prozent mehr klimaschädliche Emissionen. Die obere Mittelschicht (6.-9. Einkommenszehntel) stößt zusätzlich 5 Prozent mehr aus.
Ausgewertet hat das Momentum Institut zur Berechnung die Daten der World Inequality Database, der umfangreichsten öffentlichen Datenbank zur weltweiten Ungleichheit. Der Datensatz liefert Daten für den Zeitraum von 1990 bis 2019. Die ausgewerteten Emissionen sind konsumbasiert. Das bedeutet die Zahlen beziehen sich nicht nur auf direkte Emissionen, die etwa durch die Verbrennung von Diesel oder Heizöl entstehen, sondern auch auf indirekte Emissionen. Diese entstehen durch die Herstellung aller im Inland konsumierten Güter.
Ein Drittel der gesamten Emissionen durch das oberste Einkommenszehntel
Die Daten zeigen: Der Treibhausgasausstoß ist zunehmend ungleich verteilt. Die reichsten 10 Prozent verursachten 2019 mehr Treibhausgase als die gesamte untere Einkommenshälfte zusammen. Rund ein Drittel der gesamten Emissionen wurde 2019 vom obersten Einkommenszehntel verursacht. Die Emissionen stiegen jedoch auch innerhalb des obersten Zehntels noch einmal deutlich: Das reichste Prozent allein verursacht rund 11 Prozent der Gesamtemissionen.
„Wer in Österreich zum reichsten Prozent gehört, verursacht im Schnitt pro Jahr rund 150 Tonnen an Treibhausgas-Emissionen. Diese Menge stößt jemand im ärmsten Zehntel in rund 44 Jahren, also in einem halben Leben, aus. Effektiver Klimaschutz muss daher bei den Reichsten ansetzen“
, so Joel Tölgyes, Klimaökonom am Momentum Institut.
Konsumexzesse der reicheren Bevölkerung
Wer mehr Geld hat, verursacht mehr Emissionen. Das liegt an den unterschiedlichen Konsumverhalten. Einkommensärmere Menschen stoßen Emissionen vorwiegend aus, um ihre Grundbedürfnisse zu decken. Beim Konsum von reichen Haushalten geht aber nur ein geringer Teil auf die Grundbedürfnisse zurück. Ausschlaggebend für die hohen Emissionen sind dort Konsumexzesse.
”Bei Essen, Heizen, Wohnen und anderen Dingen des täglichen Bedarfs kann man nur bis zu einem gewissen Grad einsparen. Da reden wir von Dingen, die schlicht zum Leben notwendig sind”
, so Tölgyes. Anders sieht die Sache bei reichen Haushalten aus: Alleine durch ihr Mobilitätsverhalten verursachen Reiche mehr Treibhausgase als Einkommensarme insgesamt emittieren. “Sie fahren häufiger größere und klimaschädlichere Autos, fliegen öfter, vielleicht sogar mit dem Privatjet. Sie heizen größere Häuser, konsumieren mehr Güter und verbrauchen somit auch mehr Ressourcen. Da sind wir weit weg von der Deckung von Grundbedürfnissen“
, führt Tölgyes weiter aus.
Maßnahmen gegen den Konsum der Reichen setzen
Die Reichsten im Land tragen anteilig einen wesentlich größeren Teil zur Klimakrise bei. Ihr Beitrag wächst sogar im Zeitverlauf und frisst die Einsparungsbemühungen der ärmsten Bevölkerungshälfte auf. Würde die reichere Einkommenshälfte jährlich nur so viel wie Österreicher im Durchschnitt (13 Tonnen pro Jahr) ausstoßen, wären die Gesamtemissionen bereits um 20 Prozent reduziert. Verbraucht die obere Hälfte nur so viel wie die ärmere, halbiert sich der gesamte Ausstoß sogar.
Das Momentum Institut empfiehlt bei exzessivem und klimaschädlichem Verhalten anzusetzen. Maßnahmen im Bereich der Mobilität wären ein Verbot von Privatjet- und Kurzstreckenflügen, Vielfliegerabgaben und gewichts- sowie größenabhängige Parkgebühren (SUV vs. Kleinwagen). Auch im Wohnbereich könnte man ansetzen: Ein vergünstigter Grundbedarf bei Gas und Strom sorgt dafür, dass Grundbedürfnisse leistbar bleiben. Darüberhinausgehender Energieverbrauch sollte dafür teurer werden, um Sparanreize bei exzessivem Verbrauch zu setzen.
(pi)