Eine neue Economica-Studie zeigt, dass eine Elektro-only- Strategie unzureichend ist, um die Klimaziele zu erreichen. Benötigt werden alternative Kraftstoffe, insbesondere E-Fuels.
“Um Mobilität für alle bei leistbaren Kosten zu erhalten, braucht es neben der Elektromobilität auch alternative Kraftstoffe, insbesondere E-Fuels”, fasst Bernhard Wiesinger, Leiter der ÖAMTC-Interessenvertretung, zusammen. “Ein Elektro-only-Ansatz führt zu einer Verfehlung der Klimaziele, erhöht die Kosten für die Bevölkerung und reduziert deren Mobilität signifikant. Es braucht daher unbedingt ein rasches Bekenntnis zu nachhaltig hergestellten Kraftstoffen, egal ob auf synthetischer oder biogener Basis.”
Dieser Standpunkt wird ebenfalls von einer aktuellen Studie von Economica bestätigt: “Wir haben drei mögliche Szenarien und deren Auswirkungen auf CO2-Emissionen, Verfügbarkeit individueller Mobilität und Kosten für Konsument:innen untersucht”, fasst Christian Helmenstein von Economica die Eckpunkte zusammen. Zentral für alle drei Varianten sind – basierend auf einer eigenen Prognose mit Inputs des Beratungsunternehmens Arthur D. Little und der Europäischen Kommission – durchaus optimistische Annahmen zur Entwicklung der E-Mobilität, die knapp über eine Million zugelassener E-Autos im Jahre 2030 erwarten lassen. Zum Vergleich: Der aktuelle Bestand liegt bei 116.000 Stromern.
Nur E-Mobilität: Klimaziel und Klimaneutralität unerreichbar
Mit dem Ansatz nur auf E-Mobilität zu setzen ist das verbindliche EU-Klimaziel 2030 nicht erreichbar. Außerdem wäre weiters die Klimaneutralität im österreichischen Verkehrssektor bis 2040 nicht zu schaffen. Pkw sind Anschaffungen mit einer langen Nutzungsdauer”, erklärt Helmenstein. “Das führt dazu, dass die CO2-Emissionen des privaten Pkw-Verkehrs beim Elektro-only-Ansatz im Jahr 2030 auch mit unseren E-Mobilitäts-freundlichen Annahmen bei 7,25 Millionen Tonnen pro Jahr liegen. Der Zielwert liegt aber bei 6,9 Millionen Tonnen.” Auch für 2040 ist bei diesem Ansatz zu erwarten, dass sich der CO2-Ausstoß aufgrund der langsamen Erneuerung der Pkw-Flotte immer noch im Bereich von 2,18 Millionen Tonnen bewegen wird.
E-Mobilität plus verschärfte CO2-Bepreisung: Klimaziel erreichbar, Klimaneutralität nicht
Beim ersten Szenario werden weder die Klimaziele 2030, noch die Klimaneutralität 2040 erreicht. Demenstrechend ist für das zweite Szenario der Elektro-only-Ansatz um eine verschärfte CO2-Bepreisung ergänzt worden. Hier zeigt die Modellrechnung, dass dadurch ebenso bis 2040 keine Klimaneutralität erreicht wird, obwohl in diesem Szenario die Benzinpreise (inklusive der verschärften CO2-Bepreisung) auf über 5,70 Euro ansteigen. Denn selbst bei derart hohen Spritpreisen werden 2040 weiterhin verkehrstüchtige Verbrenner im Bestand sein, die ohne E-Fuels die CO2-Bilanz belasten.
“Abgesehen davon, dass CO2-Neutralität abermals nicht erreicht wird, hat das Drehen an der Kostenschraube gravierende Folgen: Für viele Menschen, die sich weder ein E-Auto noch die in diesem Fall exorbitanten Spritpreise leisten können, bleibt dann nur der Verzicht auf individuelle Mobilität”, betont Helmenstein. Die Fahrleistung bei Verbrennern geht in diesem Szenario bis 2040 um rund 20 Prozent zurück. Ob dieser Rückgang, vor allem im ländlichen Raum, durch den öffentlichen Verkehr aufgefangen werden kann, ist fraglich. Die Folge wäre ein erzwungener Rückgang von Mobilität und wahrscheinlich auch der Wirtschaftsleistung.
E-Mobilität plus E-Fuels: Klimaziel und Klimaneutralität erreichbar
Im dritten Szenario wurde der sukzessiv zunehmende Einsatz von E-Fuels untersucht. Diese synthetisch hergestellten Kraftstoffe ersetzen Benzin und Diesel und sind – bei Nachhaltigkeit bei Herstellung und Transport – klimaneutral im Verbrenner-Bestand einsetzbar. Die Economica-Studie berücksichtigt in diesem Szenario auch die langen Vorlaufzeiten für den Aufbau einer signifikanten E-Fuels-Produktion. So beginnt erst mit 2031 eine Beimengung von synthetischen Anteilen zu Benzin und Diesel. Bis zu diesem Zeitpunkt bleibt die Modellrechnung – zur Erreichung der Klimaziele – bei einer Verschärfung der CO2-Bepreisung.
“Diese kann mit Hochlaufen der E-Fuels allerdings deutlich moderater als in Szenario 2 ausfallen, weil die synthetischen Kraftstoffe sukzessive die CO2-Emissionen der Bestandsflotte reduzieren. Die Kilometerleistung von Verbrennern würde um etwa zehn Prozent sinken”, erklärt Helmenstein. “Zudem ist zu erwarten, dass die Preise an den Zapfsäulen bis 2040 lediglich auf 3,30 Euro pro Liter ansteigen, sofern unverzüglich die notwendigen Rahmenbedingungen für Investitionen angestoßen werden. Auf diese Weise wird die Beimengung zu fossilem Sprit so weit gesteigert, dass letzterer schließlich vollständig ersetzt werden kann. ” Folgend bringt die Kombination aus aus E-Mobilität und E-Fuels für die privaten Haushalte die geringsten Kosten bei höherer Mobilität.
Erster Schritt der EU ist ein Kompromiss
Der am Wochenende auf EU-Ebene erzielte Kompromiss in Hinblick auf ein etwaiges Verbrennerverbot ist aus Sicht des Mobilitätsclubs ein erster Schritt. Wiesinger: “Für das Erreichen der Klimaziele im Verkehr werden E-Fuels nur dann etwas bringen, wenn sie im Pkw-Bestand Wirkung entfalten. Es ist noch immer unklar, ob der politische Kompromiss vom Wochenende dazu führen wird, dass tatsächlich in die Erzeugung von synthetischem Benzin und Diesel investiert wird. Die Formel ‘Verbrenner, die ausschließlich mit E-Fuels betrieben werden können’, deutet auf eine neue Kraftstoffart hin. Eine solche würde eine Nischenlösung bleiben. Wir brauchen eine Lösung für die breite Masse, die dazu führt, dass auch heutige Bestandsfahrzeuge klimafreundlich betrieben werden können.”
(pi)