17 Prozent der Bevölkerung ist armutsgefährdet. 300.000 davon trotz Erwerbstätigkeit. Dies berichtet die oberösterreichische Arbeiterkammer mittels einer Sonderauswertung des Arbeitsklimaindex. Die herrschenden Inflationsraten, steigenden Preise sowie unwirksame Anti-Teuerungsmaßnahmen lassen keine positiven Aussichten in Zukunft zu. Menschen sind gezwungen sich massiv einzuschränken, um über die Runden zu kommen. AK-Präsident Andreas Stangl spricht sich für einen fairen Beitrag der Superreichen aus und fordert nachhaltige Maßnahmen.
Die steigenden Preise verunsichern fast alle Menschen, allerdings in sehr unterschiedlichem Maße. Während das reichste Prozent der Bevölkerung rund 50 Prozent des Vermögens besitzt, dieses ständig vermehrt und unversteuert weitervererbt, rutschen immer mehr Menschen in die Armut ab. Mehr als 1,5 Millionen Menschen, das sind 17 Prozent der Bevölkerung, gelten schon jetzt als armutsgefährdet. 300.000 von ihnen, obwohl sie arbeiten. 45 Prozent der Arbeitnehmer/-innen in Österreich verdienen so wenig, dass sie kaum von ihrem Einkommen leben können. Neun Prozent kommen gar nicht mit ihrem Lohn oder Gehalt aus.
Frauen besonders betroffen
Vor allem viele Frauen, die uns in systemrelevanten Berufen durch die Pandemie getragen haben und dafür beklatscht wurden, arbeiten in Teilzeitjobs, von denen man kaum leben kann. In der Gastronomie und im Tourismus sind die vieldiskutierten Probleme bei der Personalsuche hausgemacht: Hier kommen fast zwei Drittel der Beschäftigten kaum oder gar nicht mit ihrem Lohn oder Gehalt über die Runden. „Der Mythos, dass sich Fleiß und Leistung lohnen, ist damit entzaubert. Es gibt am freien Markt keine Gerechtigkeit für die wahren Leistungsträger in unserer Gesellschaft”, sagt AK-Präsident Andreas Stangl.
Energie und Lebensmittel werden zum Luxusgut
Gerade den Beschäftigten mit kleinen oder mittleren Einkommen machen die Teuerungen bei Energie und Lebensmitteln am meisten zu schaffen. Für je sieben von zehn Personen, die mit ihrem Lohn oder Gehalt nicht auskommen, sind Strom, Heizung und Warmwasser zu einer starken finanziellen Belastung geworden. Ähnliches gilt für Lebensmittel, die (berufliche) Mobilität und den Schulbesuch der Kinder.
Um die Grundbedürfnisse, wie Wohnen, Heizen oder Essen, decken zu können und halbwegs über die Runden zu kommen, müssen sich daher immer mehr Menschen einschränken, und zwar nicht nur bei Freizeitaktivitäten, sondern auch beim Energieverbrauch oder bei Lebensmitteln. Dort, wo es sich mit dem laufenden Einkommen nicht mehr ausgeht, sind die Menschen auf Zuwendungen angewiesen. 77 Prozent der Haushalte, die dem untersten Einkommensviertel zuzurechnen sind, sparen bei der Energie, 69 Prozent bei Freizeitaktivitäten und 45 Prozent bei den Lebensmitteln. Die Hälfte greift – wenn überhaupt vorhanden – auf Erspartes zurück, knapp ein Drittel ist auf finanzielle Unterstützung angewiesen und knapp 20 Prozent sind mit Zahlungen im Rückstand.
Mitte der Gesellschaft stark betroffen
„Die Zahlen aus dem Arbeitsklima Index bestätigen, was wir seit Monaten beobachten. Die Teuerung stellt immer mehr Menschen vor große finanzielle Herausforderungen, sie frisst sich immer mehr in die Mitte der Gesellschaft durch“, stellt AK-Präsident Andreas Stangl fest. Vieles, was die Regierung bisher gegen die explodierenden Preise getan hat, ist nicht nachhaltig, so Stangl, weil Einmalzahlungen in kürzester Zeit verpuffen. Es braucht, insbesondere um den völlig aus den Fugen geratenen Energiemarkt zu beruhigen, gezielte Maßnahmen, die strukturell wirken, wie die Trennung von Strom und Gaspreis, einen Preisdeckel auf alle Energieformen und die Abschöpfung von Übergewinnen. AK und ÖGB haben dafür ein Modell erarbeitet.
Gehalts- und Lohnsteigerung sind notwendig
“Gerechtigkeit braucht es aber auch bei den Löhnen und Gehältern. Die Menschen haben sich Einkommen verdient, von denen sie leben können. Darum kämpfen die Gewerkschaften für entsprechende Lohn- und Gehaltsabschlüsse in allen Branchen”, sagt Andreas Stangl. Und nicht zuletzt müssen auch die Superreichen endlich etwas dazu beitragen, dass Armut in einem der reichsten Länder der Welt mit aller Macht bekämpft wird.