Die Balance der Leistungserbringung und attraktiven Arbeitsumständen ist in Österreich nicht mehr ausgeglichen. Eine Würdigung der erbrachten Leistung bleibt aus. Verändernde Ansprüche sowie Umstände verändern den Arbeitsmarkt grundlegend. Um dieser Entwicklung entgegenzuwirken wurden 10 konkrete Vorschläge um die Potenziale am Arbeitsmarkt zu heben vorgestellt.
Engagierte Arbeitskräfte sind ein wertvolles Gut. „Uns werden in den kommenden 12 Jahren rund 540.000 Fach- und Arbeitskräfte fehlen, das entspricht annähernd der Bevölkerung des Bundeslandes Salzburg. Wir reden dabei längst nicht nur von hochqualifizierten Ingenieuren und Programmiererinnen. Es fehlen auch Kraftfahrerinnen und Kraftfahrer und Lagerarbeiterinnen und Lagerarbeiter. Wer soll denn die Anlagen bauen, die wir für die Energiewende brauchen? Wer bildet unsere Kinder aus und wer pflegt die Alten und Kranken?”, so der Präsident der Industriellenvereinigung (IV) Georg Knill, im Rahmen der Präsentation des IV-Dossiers zum Thema „Leistung muss sich (wieder) lohnen“.
In Zeiten des Fach- und Arbeitskräftemangels wird das umso deutlicher: In allen Branchen und jeder Qualifikationsstufe werden händeringend Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gesucht. Die offenen Stellen liegen in Österreich auf einem Rekordniveau. Im September 2022 standen 237.400 arbeitslose Personen 128.500 offenen Positionen gegenüber. Auch am Lehrlingsmarkt verschärft sich die Situation: Im September 2022 standen knapp 12.000 offene Lehrstellen nur 7.400 Lehrstellensuchenden gegenüber. “Der Arbeitskräftemangel stellt aufgrund der demographischen Entwicklung eine gläserne Decke für die zukünftige Entwicklung unseres Landes dar. Wir müssen alle Potenziale am Arbeitsmarkt heben, damit die Industrie auch in Zukunft in Österreich investieren kann. Leistung und Eigenverantwortung müssen in Österreich wieder einen positiven gesellschaftlichen Stellenwert bekommen“ so der Präsident der Industriellenvereinigung Oberösterreich, Stefan Pierer.
10 konkrete Vorschläge um die Potenziale am Arbeitsmarkt zu heben
Vor diesem Hintergrund schlägt die Industrie konkrete Maßnahmen vor, die sich kurzfristig umsetzen lassen und so zur Entspannung der Situation beitragen können, denn es gilt jetzt „alle Potenziale am Arbeitsmarkt – von den Jungen über Frauen bis zu den Pensionisten – durch Anreize und freiwillige Mehrleistung, die sich deutlich in der Geldbörse der Menschen auswirken, zu heben. Vollzeitarbeit, Überstunden, Nachtarbeit oder auch Weiterarbeiten nach Erreichen des Regelpensionsalter müssen steuerlich gefördert und dürfen nicht benachteiligt werden“, betont Knill. „Die Bundesregierung tut viel, um den Standort Österreich attraktiver zu gestalten – von der Lohnnebenkostensenkung bis zur Innovationsförderung, wenn wir weitere Adjustierungen vornehmen, schaffen wir einen zusätzlichen Anreiz für die leistungsbereiten Menschen im Land.“
Die insgesamt zehn vorgeschlagenen Maßnahmen reichen von steuerlichen Anreizen für Überstunden und einen Wechsel von Vollzeit auf Teilzeit, über Entlastungen für Menschen, die nach Antritt des Pensionsalters in Beschäftigung bleiben, bis hin zu Anreizen zur Mitarbeiterbindung durch Vergünstigungen im Bereich Wohnen. Denn „nur mit besonderem Einsatz können wir uns in Zeiten von Energiekrise und Rekordinflation schneller aus der Krise herausarbeiten. Es braucht überlegte steuerpolitische Anreize, damit sich Leistung wieder lohnt in unserem Land. Unseren Wohlstand erhalten und bauen wir nicht mit „Work-Life-Balance“ aus, sondern nur mit Engagement und freiwilliger Mehrleistung, bei entsprechender Entlohnung“, betont Pierer.
Positive wirtschaftliche Effekte für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und Standort
Die vorgeschlagenen Handlungsempfehlungen lohnen sich auch gesamtwirtschaftlich: „Das Paket beinhaltet eine Steigerung des verfügbaren Einkommens der Menschen in Österreich um 2,02 Mrd. Euro und ein zusätzliches BIP-Wachstum von 0,41 Prozent – gerade jetzt braucht es angesichts der zahlreichen Herausforderungen und des schwachen Wirtschaftswachstums einen Beschleuniger, um aus dieser fordernden Lage herauszukommen“, so Knill und betont abschließend:
„Jetzt ist die richtige Zeit, um die Leistungspotenziale in unserem Land zu heben, um mit den aktuellen Herausforderungen fertig zu werden und gestärkt aus diesen Krisen herauszugehen. Es sind viele Schrauben, an denen wir drehen müssen und wir müssen rasch in die Gänge kommen, aber auch ein Blick auf die Zahlen hat gezeigt: Leistung lohnt sich!“
Die Maßnahmen des IV-Dossiers „Leistung muss sich (wieder) lohnen“ im Überblick:
- Steuerfreistellung von 20 Überstunden – wer mehr leistet, soll auch belohnt werden. Erhöhung der Anzahl begünstigter Überstunden auf 20 Stunden sowie der Grenze für die Steuerbefreiung auf 600 Euro.
- Leistungsbonus im Alter – länger arbeiten muss sich lohnen. Nach Erreichen des Regel-Pensionsalters kommt es zum Entfall der Beitragspflicht zur Pensionsversicherung zur Gänze (sowohl für Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber als auch für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer) und zur Halbierung der steuerrechtlichen Bemessungsgrundlage des Erwerbseinkommens.
- Attraktivierung der Vollzeitarbeit – aus der Teilzeit in die Vollzeit.
Einführung eines Freibetrags, der bei Erfüllung des Kriteriums der Vollzeitarbeit einen Anteil des Einkommens (z.B. 5.000 Euro) von der Einkommensteuer befreit. - Anreize zur Mitarbeiterbindung im Bereich Wohnen.
Werkswohnungen sollen bis inklusive 75m2 nicht sachbezugspflichtig sein. Gleichzeitige Erhöhung der Grenze für die Steuerfreiheit von Arbeitgeberdarlehen zur Schaffung/Sanierung von Wohnraum auf 50.000 Euro. - Belohnung der Nachtarbeit – wer spät arbeitet, zahlt weniger Steuern.
Verdoppelung des Freibetrags für Schmutz-, Erschwernis- und Gefahrenzulagen, für Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit und für mit diesen Arbeiten zusammenhängende Überstundenzuschläge gemäß § 68 Abs. 1 Einkommenssteuergesetz auf 720 Euro pro Monat. - Qualifizierte Zuwanderung steuern – Ausweitung der Zuzugsbegünstigung auf Fachkräfte. Ausweitung und Anwendung der Regelung zur Zuzugsbegünstigung im Einkommenssteuergesetz und in der Zuzugsbegünstigungsverordnung sowie des Freibetrags für Werbungskosten/Betriebsausgaben iHv. 30% der Einkünfte auf Fachkräfte.
- Einführung einer Ausbildungsprämie: Kostenersatz für Lehrlingsausbildung – Ausbilden soll sich auszahlen. Incentivierung der Lehrausbildung durch Einführung einer Ausbildungsprämie iHv 15% der Ausbildungskosten.
- Vereinfachung und Ausbau des begünstigten Zuschusses zur Kinderbetreuung
Erhöhung der Grenze für den begünstigten Zuschuss zur Kinderbetreuung auf 3.600 Euro und Anhebung des Kindesalters auf 14 Jahre. Außerdem müssen Auszahlungsmöglichkeiten direkt an Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer möglich sein. Notwendig ist auch die Entkoppelung der Begünstigung des Zuschusses zur Kinderbetreuung von der Auszahlung des Kinderabsetzbetrages. - Incentivierung von Spenden im Bildungsbereich.
Ausweitung der Spendenbegünstigung auf die Bereiche Schulbildung, Berufsausbildung, Volksbildung und Erziehung, sowie die Erhöhung der Grenze für abzugsfähige Spenden auf 20%. - Anstoß eines breiten gesellschaftlichen Diskurses zur Wertigkeit von Leistung in Österreich. Durch einen breit angelegten gesellschaftlichen Diskurs wird die Wertigkeit von Leistung in Österreich unterstrichen. Die österreichische Industrie ist starker Partner und Förderer dieses Diskurses.