Die Investitionen in Österreichs Startups sind im ersten Halbjahr 2025 stark zurückgegangen. Laut einer Studie von EY sank das Volumen um zwei Drittel. Experten warnen vor einem gefährlichen Kapitalvakuum für junge Unternehmen.
Der österreichische Startup-Sektor verzeichnet einen massiven Einbruch bei der Kapitalbeschaffung. Im ersten Halbjahr 2025 investierten Geldgeber nur noch 110 Millionen Euro in heimische Jungunternehmen. Das bedeutet einen Rückgang von 64 Prozent gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres und den niedrigsten Halbjahreswert seit 2019. Dies geht aus dem Startup Investment Barometer der Prüfungs- und Beratungsorganisation EY Österreich hervor, das in Zusammenarbeit mit dem Investorennetzwerk invest.austria erstellt wurde.
Rückgang betrifft alle Investitionsphasen
Nicht nur das Volumen, sondern auch die Anzahl der Finanzierungsrunden ging zurück: Wurden im ersten Halbjahr 2024 noch 74 Deals gezählt, waren es 2025 nur noch 70. Dieser Wert liegt damit unter dem Fünfjahresdurchschnitt von 77 Transaktionen. Der Rückgang erstreckt sich über alle Finanzierungsphasen, von der sehr frühen Pre-Seed-Phase bis zu größeren Wachstumsrunden.
Florian Haas, Head of Startup bei EY Österreich, spricht von einer “Kapitalflucht in zwei Akten”: „Zuerst haben sich internationale Investoren zunehmend aus größeren Wachstumsrunden zurückgezogen. Jetzt sehen wir, dass auch heimische Kapitalgeber die Frühphase meiden.“
Heimische Investoren meiden Frühphasen, internationale Investoren fehlen bei Wachstum
Die Analyse offenbart eine problematische Doppelbelastung für Startups. So erreichte die Frühfinanzierung (Pre-Seed) mit nur zwölf Deals einen Fünfjahrestiefstand. Der Anteil österreichischer Investoren an diesen Runden lag bei lediglich 50 Prozent. „Das Risiko, sich früh zu engagieren, schreckt viele Investoren offenbar ab“, so Haas. Das Verhalten lasse sich als „Warten statt Wagnis“ beschreiben.
Gleichzeitig fehlt es bei größeren Finanzierungsrunden (Series A und B) an internationalem Kapital. Zwar stammten hier 67 bzw. 75 Prozent des Geldes von ausländischen Investoren, die absolute Zahl dieser für das Scaling essenziellen Deals ist jedoch stark rückläufig.
Österreichische Investoren fokussieren sich auf kleine Runden und bestimmte Sektoren
Insgesamt waren im ersten Halbjahr 185 Investoren an Finanzierungsrunden beteiligt, 105 davon (57 Prozent) mit Hauptsitz in Österreich. Die aktivsten internationalen Geldgeber kamen aus Deutschland (34), gefolgt von Großbritannien (9), der Schweiz und den USA (je 7).
Der Fokus inländischer Kapitalgeber liegt klar auf kleineren Runden. Während ihr Anteil bei Seed-Runden bei 60 Prozent liegt, sind sie in Wachstumsrunden mit 33 Prozent (Series A) bzw. 25 Prozent (Series B) unterrepräsentiert. Sektorübergreifend ist die Beteiligung heimischer Investoren in den Bereichen Hardware (100%), PropTech (88%) und Health (64%) überdurchschnittlich hoch. Im Bereich ClimateTech/GreenTech betrug ihr Anteil dagegen nur 20 Prozent.
Experten fordern politische Maßnahmen
Daniela Haunstein, Managing Director von invest.austria, warnt vor den Konsequenzen dieses Trends: „Wir riskieren, dass gute Ideen scheitern, bevor sie skalieren können, oder abwandern.“ Sie fordert drei gezielte politische Maßnahmen: einen Dachfonds als Ankerinvestor für die Wachstumsphase, einen Beteiligungsfreibetrag zur steuerlichen Attraktivierung privaten Kapitals und eine faire Verlustverrechnung für Investoren.
„Was uns fehlt, ist nicht die Risikofreude, sondern ein System, das sie belohnt“, so Haunstein. „Private Investoren tragen einen Großteil der Finanzierungslast für Innovation – sie brauchen endlich den politischen Rückenwind.“
Fazit und Ausblick
Die österreichische Startup-Landschaft steht vor einer ernsthaften Kapitalklemme, die alle Entwicklungsstadien betrifft. Ohne gezielte Gegenmaßnahmen zur Mobilisierung sowohl inländischen als auch internationalen Kapitals droht die Innovationskraft des Landes nachhaltig Schaden zu nehmen. Die anhaltende Abwanderung von Talenten und vielversprechenden Geschäftsideen könnte sich so weiter verstärken.