Toxische oder unpassende Unternehmenskultur kann die Arbeit von Marketing, PR und Verkauf zunichte machen und sowohl Customer Experience als auch Customer Retention (Kundenbindung) beeinträchtigen. Wir haben deshalb beim Spezialisten Konrad Noé-Nordberg nachgefragt.
xBN: Welche Rolle spielt Unternehmenskultur bei Kundenbindung und Kundenbegeisterung?
Konrad Noé-Nordberg: Im Wettbewerb die entscheidende! Und die meisten Unternehmen befinden sich in keinem monopolistischen Markt, sondern müssen Tag für Tag beweisen, dass sie des Vertrauens ihrer Kundinnen und Kunden würdig sind. Wobei auch dann, wenn eine Organisation in keinem Wettbewerb mit anderen steht, also zum Beispiel im öffentlichen Bereich, hohe Kundenorientierung nach innen wie außen anzustreben ist. Kundinnen und Kunden spüren Unternehmenskultur – und entscheiden dann, ob sie sich mit einem solchen Stil identifizieren können. Es ist viel dran an der Aussage: Zufriedene Kunden durch zufriedene Mitarbeiterinnen. Viele Organisationen suchen intensiv nach ihrem „Alleinstellungsmerkmal“. Dieses kommt im Wesentlichen in einer gelebten, überzeugten Kundenorientierung als Teil der Unternehmenskultur zum Ausdruck.
xBN: Was erhöht die Chance, dass Kunden nicht nur bleiben, sondern sogar zu Botschaftern Ihrer Lieferanten werden?
Konrad Noé-Nordberg: Wie suchen wir uns neue Ärzte oder Handwerker? Wir fragen im Familen-, Freundes- und Bekanntenkreis! Zufriedenheit ergibt sich aus dem Verhältnis von subjektiver Erwartung zu subjektiver Wahrnehmung. Idealerweise ist die Erwartung der Kunden hoch. Wenn diese dennoch übertroffen wird und der Kundennutzen hoch ist, wird dies bewusst wahrgenommen. Dies ermöglicht Empfehlungsmarketing, bekanntlich die Königsdisziplin im Vertrieb. Wenn wir es sogar schaffen, dass die Kunden uns ungefragt bzw. aktiv weiterempfehlen, sind sie echte Botschafter. Der Funke der Begeisterung für das eigene Unternehmen muss einfach in allen Abteilungen so stark sein, dass er auf die Kunden überspringt.
xBN: Wie kann Corporate Identity als Konzept für die Schaffung einer kundenorientierten Unternehmenskultur dienen?
Konrad Noé-Nordberg: Kundenbedürfnisse und Unternehmensphilosophie bzw. Mindset der Mitarbeitenden sind unter einen Hut zu bringen. Kundenorientierte Unternehmenskultur muss also integrierender Bestandteil der Corporate Identity sein. Das heißt, dass Stakeholder Value und insbesondere Kundennutzen-Orientierung Bestandteil der Unternehmensstrategie sein muss. Kommunikation nach innen (!) wie außerhalb der Organisation muss als wertschätzender, kreativer und zukunftsorientierter Dialog gestaltet werden. Reine Außenkommunikation unter Vernachlässigung interner Kultur greift also deutlich zu kurz.
xBN: Welche Handlungsfelder und Tools sind dabei am relevantesten?
Konrad Noé-Nordberg: Danke für diese wichtige Frage! Entscheidende Handlungsfelder sind zum Beispiel Organisationsstruktur, Prozesse, klare Verantwortlichkeiten, zeitgemäße und wertschätzende Führungsstile, Kreativität und Innovationsmanagement, Agilität, Vision, Werte sowie natürlich konsequente und nachhaltige Orientierung am Kundennutzen. Das Spektrum geeigneter Instrumente ist groß und entwickelt sich laufend weiter. Bewährte wie neuere Tools sind etwa Kunden- und Mitarbeiterinnen-Befragungen, Balanced Scorecards, Culture Hacks sowie Personalentwicklungs-Maßnahmen und Trainings – insbesondere auch Führungskräftetrainings. Unternehmenskultur ist ein „bewegliches Ziel“, denn genau wie die Persönlichkeit eines Menschen ist auch jene eines Unternehmens nicht statisch, sondern dynamisch. Es gibt nicht “die eine” förderliche Unternehmenskultur. Sie muss zum Unternehmen passen. Dementsprechend braucht es immer individuelle, angepasste Maßnahmen.
Neuerscheinung: Noé-Nordberg K: Leitprinzip Kundenbegeisterung: Schaffung einer kundenorientierten Unternehmenskultur. In: Herget/Strobl (2024) Unternehmenskultur in der Praxis: Grundlagen – Methoden – Best Practices. Springer Gabler. https://link.springer.com/chapter/10.1007/978-3-658-42765-8_16